Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis von § 181 Abs. 5 und § 171 Abs. 14 AO im dreistufigen Grundsteuerfestsetzungsverfahren. ersatzlose Aufhebung des Einheitswertbescheids hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist für die bereits gezahlte Grundsteuer gem. § 171 Abs. 14 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Im dreistufigen Verfahren der Grundsteuerfestsetzung ist im Verhältnis von Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid § 181 Abs. 5 S. 1 AO mit der Maßgabe anwendbar, dass an die Stelle der „Steuerfestsetzung” die „Messbetragsfestsetzung” auf der zweiten Stufe tritt, so dass es für die Frage, ob eine Einheitswertfeststellung nach Ablauf der Feststellungsfrist noch zulässig ist, auf den Ablauf der Festsetzungsfrist für die zweite Stufe (Messbetragsfestsetzung) ankommt.
2. Eine Berichtigung des Einheitswertbescheids auf der ersten Stufe ist aber nach § 181 Abs. 5 S. 1 AO auch zulässig, wenn die Festsetzung der Grundsteuer auf der dritten Stufe noch möglich ist.
3. Der Hinweis im Einheitswertbescheid auf den Ablauf der Feststellungsfrist muss nicht erkennen lassen, auf welche Veranlagungszeiträume und welche konkret bezeichneten Steuerarten die Wirkung der gesonderten Feststellung erstreckt wird. Er muss also nicht angeben, für welche Folgesteuern die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
4. Die ersatzlose Aufhebung des Einheitswertbescheids hat die Hemmung der Festsetzungsfrist der Grundsteuerbescheide nach § 171 Abs. 14 AO zur Folge, wenn die auf dem aufgehobenen Einheitswertbescheid beruhende Grundsteuer bereits gezahlt war.
5. Über die Frage, ob und inwieweit die Grundsteuerfestsetzung bereits festsetzungsverjährt war, als die Grundlagenbescheide der ersten und zweiten Stufe ergingen, ist in den Rechtsbehelfsverfahren gegen den Folgebescheid der dritten Stufe, also die Grundsteuerfestsetzung, zu befinden.
Normenkette
AO § 181 Abs. 5, § 171 Abs. 14, § 184 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 S. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 229 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die im Jahre 2009 vom Beklagten erlassenen Grundsteuermessbescheide auf den 1. Januar 1994 und auf den 1. Januar 1997 rechtmäßig sind.
Die Klägerin war bis zum Jahr 2007 Eigentümerin des Grundstücks B.-straße in C., welches mit einem im Jahre 1996 fertig gestellten Geschäftshaus bebaut ist. In einem Finanzgerichtsprozess, welcher zum Az. 3 K 2488/04 B beim erkennenden Senat anhängig war, gelangte das Gericht zu der Auffassung, dass die zu einem früheren Zeitpunkt für das streitgegenständliche Grundstück ergangenen Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1994 und auf den 1. Januar 1997 aufzuheben waren, da diese Bescheide nach Eintritt der Feststellungsverjährung ergangen waren. Der Beklagte schloss sich der vom Gericht in der mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2009 im dortigen Klageverfahren geäußerten Rechtsansicht an und hob die Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1994 und den 1. Januar 1997 auf, wodurch das Klageverfahren 3 K 2488/04 B seine Erledigung fand.
Am 28. Juli 2009 erließ der Beklagte erneut einen Bescheid über den Einheitswert des Grundvermögens sowie einen Grundsteuermessbescheid, jeweils auf den 1. Januar 1994. Der Einheitswert wurde für das unbebaute Grundstück im Wege der Wertfortschreibung – wie zuvor – auf 10.328.300 DM bzw. 5.280.775 EUR festgestellt. In den Erläuterungen dieses Bescheides heißt es: „Der Einheitswertbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen. Nach § 181 Abs. 5 AO kann er deshalb nur solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war.”
Der Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1994 wurde im Wege der Neuveranlagung – ebenfalls wie zuvor – auf 103.282,98 DM festgestellt.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin rechtzeitig Einsprüche ein.
Am 29. Juli 2009 erließ der Beklagte erneut Bescheide über den Einheitswert des Grundvermögens und über den Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1997. Der Einheitswert wurde für das nunmehr bebaute Grundstück im Wege der Art- und Wertfortschreibung in der Grundstücksart Geschäftsgrundstück auf 19.381.900 DM bzw. 9.909.808 EUR festgestellt; auch diese Werte entsprechen denjenigen des aufgehobenen Bescheides. In den Erläuterungen dieses Bescheides heißt es: „Der Einheitswertbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen. Nach § 181 Abs. 5 AO kann er deshalb bis 2004 nur solchen Steuerfestsetzungen zu Grunde gelegt werden, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war. Ab 2005 gilt der Feststellungsbescheid ohne die Einschränkung des § 181 Abs. 5 AO.”
Der Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1997 wurde durch den Grundsteuermessbescheid vom 29. Juli 2009 – wie zuvor – auf 116.291,38 DM bzw. 59.458,84 EUR festgesetzt.
Auch gegen diese Bescheide legte die Klägerin rech...