Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Finanzgericht. Zum Anspruch auf Rücknahme eines Insolvenzantrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Antrags eines Finanzamts auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über Abgabenangelegenheiten dar, für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist.
2. Ein Anspruch auf Rücknahme eines Insolvenzantrages des Finanzamts kann bestehen, wenn die Stellung des Antrags ermessensfehlerhaft ist bzw. sich nach der Antragstellung Gesichtspunkte ergeben haben, die die Aufrechterhaltung des Insolvenzantrages ermessensfehlerhaft erscheinen lassen.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, § 102 S. 2, § 126 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 9. Mai 1994 gegründet. Ihr Gegenstand ist die Organisation, Veranstaltung und Vermittlung von xxxxxxxxxxxxx. Zum Sitz wurde X bestimmt. Alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer ist seit Gründung Herr G., im Folgenden: G. Daneben war seit Gründung bis zum 23. Mai 2001 Herr B., im Folgenden: B, weiterer alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer.
Da sich die Geschäftsleitung zunächst in X befand, wurde die Klägerin zunächst vom Finanzamt X geführt. Seit 1996 firmierte sie unter der Anschrift xxxxxxxxxxxxxxxxxxx in xxxxx X.
Am 27. März 2002 erhielt das Finanzamt X einen Postrücklauf von einer Xer Postfachadresse mit der Mitteilung der Deutschen Post AG, dass die Klägerin nunmehr in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxx in xxxxx Y ansässig sei. Die Klägerin gab jedoch weiter die Anschrift xxxxxxxxxxxxxxxx auf ihren Briefbögen an.
Am 25. März 2003 und 14. Juli 2003 teilte die Bevollmächtigte der Klägerin dem Finanzamt X und dem Beklagten mit, dass die für das Unternehmen maßgebenden Entscheidungen nunmehr in Y in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxx getroffen würden. Zwischenzeitlich hatte auch G seinen Wohnsitz nach Y verlegt, wo er ihn auch noch heute in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxx innehat. Daher übernahm der Beklagte die Besteuerung der Klägerin.
Ein Schreiben vom 12. September 2003 (Bl. 6 VollStr.A.) an die xxxxxxxxxxxxxxxxxx kam als unzustellbar zurück, ebenso ein Schreiben des Gerichts vom 6. September 2004.
Jedenfalls seit Ende 2003 gaben die Bevollmächtigten der Klägerin zu deren Bezeichnung nur noch die Yer Anschrift an (auch in den Parallelverfahren 7 K 7295/04 und 7 B 7296/04).
Seit Mitte 2003 hatte die Klägerin Steuerschulden in fünfstelliger Eurohöhe. Diese betrafen insbesondere Umsatzsteuer, weshalb die Klägerin am 28.Juli 2003 deren Erlass beantragte, was der Beklagte jedoch ablehnte, zuletzt mit der bestandskräftig gewordenen Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2004. Das Gericht nimmt auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung (Bl. 32 bis 37 Körperschaftsteuerakte II) Bezug.
Einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub vom 29. Oktober 2003 lehnte der Beklagte am 17. Dezember 2003 ab.
Am 14. Januar 2004 versuchte er fruchtlos, in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx eine Sachpfändung durchzuführen. Der Vollziehungsbeamte traf dort G an und vermerkte, dass sich der Aktengewahrsam in den Räumlichkeiten der Firma xxxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH befinde. Anhaltspunkte für ein vollstreckbares Vermögen fand er nicht. G verweigerte die Unterschrift auf dem Pfändungsprotokoll.
Ferner erließ der Beklagte am 21. Januar 2004 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der xxxxxxxxx Bank xx betreffend Abgabenrückstände in Höhe von 64 746,54 €, die erfolglos blieb, weil die xxxxxxxx Bank xx kein Konto mehr für die Klägerin führte.
Am 28. Januar 2004 beantragte die Klägerin erneut Vollstreckungsaufschub und bot an, die Steuerschulden in Monatsraten von mindestens 1 000,00 € ab dem 15. April 2004 zu tilgen. Dies lehnte der Beklagte am 2. Februar 2004 ab. Das telefonische Angebot, die Rate auf 2 000,00 €/Monat zu erhöhen, wurde am 2. März 2004 ebenfalls abgelehnt.
Am 11. März 2004 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten das Angebot, vom 15. Mai bis 15. Oktober 2004 2 000,00 €/Monat auf die Steuerschulden zu zahlen und die Zahlungen dann ab Mai 2005 wieder aufzunehmen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte am 6. April 2004 ab.
Am 18. März 2004 beantragte der Beklagte beim Amtsgericht xxxxxxxxxxxxxx die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin. Dabei verwies er auf die fruchtlose Sachpfändung und die erfolglose Kontopfändung. Die vollstreckbaren Rückstände bezifferte er mit 65 452,45 €. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 63 Vollstreckungsakte Bezug.
Mit der am 26. April 2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten zur Rücknahme des Insolvenzantrags zu verurteilen. Sie macht geltend, das Amtsgericht xxxxxxxxxxxxxx sei unzuständig, da Sitz der Klägerin X sei. Der wirtschaftliche Schwerpunkt der Tätigkeit befinde sich ebenfalls in X, nämlich in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxx. Es fehle an einem Rechtssc...