Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Kindergeldanspruch während der Grundwehrdienstzeit des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Die kindergeldrechtliche Nichtberücksichtigung eines Kindes, das den Grundwehrdienst ableistet, ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EStG § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1; BKGG §§ 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Versagung des Anspruches auf Kindergeld für Kinder, die Wehrdienst leisten, verfassungsmäßig ist.
Der Kläger ist Richter am Amtsgericht ... und Vater dreier Kinder. Sein am ... 1976 geborener ältester Sohn R. wurde mit Einberufungsbescheid vom 24. Juli 1995 zum 2. Oktober 1995 zur Ableistung seines Grundwehrdienstes in L. einberufen.
Daraufhin teilte das Justizverwaltungsamt dem Kläger mit Bescheid vom 1. September 1995 mit, dass mit Ablauf des Monats Oktober 1995 die Zahlung von Kindergeld und des entsprechenden Anteils des Ortszuschlags für R. entfalle.
Den gegen den oben genannten Bescheid gerichteten Widerspruch des Klägers vom 26. September 1995 behandelte der Beklagte infolge der ab 1. Januar 1996 anzuwendenden Vorschriften der Abgabenordnung - AO - als Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) und wies diesen - soweit er die Entscheidung über die Gewährung von Kindergeld betraf - mit Bescheid vom 8. Juli 1996 zurück. Soweit sich der Widerspruch auch gegen die Nichtzahlung des kindergeldbezogenen Ortszuschlages richtete, ist die Entscheidung hierüber bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Kindergeld zurückgestellt worden.
Dagegen richtet sich die Klage vom 19. Juli 1996, die der Kläger, soweit sie sich auch auf Kindergeld für den Sohn R. für die Monate November und Dezember 1995 bezog, mit Schriftsatz vom 30. Juni 2000 zurückgenommen hat. Im übrigen verfolgt er sein Begehren weiter und führt dazu im wesentlichen aus:
Die Versagung des Kindergeldes und damit auch des kinderbezogenen Ortszuschlages durch das Justizverwaltungsamt und des steuerlichen Kinderfreibetrages für den Sohn R. des Klägers durch das Finanzamt ... sei in dieser Summierung ein klarer Verstoß gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -, wonach gemäß Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz - GG - der Minderung der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen mit Kindern in Höhe des Existenzminimums der Kinder Rechnung zu tragen sei und wonach gemäß Art. 3 Abs. 1 GG auch die Bezieher höherer Einkommen mit unterhaltsbedürftigen Kindern nicht stärker belastet werden dürften als die Einkommensbezieher gleicher Stufe ohne Kinder.
Der monatliche Regelbedarf von R. als volljährigem Kind betrage ab 1. Januar 1996 1.050,00 DM, wovon etwa ein - nicht offen ausgewiesenes - Drittel für Wohnen gedacht sei.
Es treffe nicht zu, dass für diesen Unterhaltsbedarf während des Grundwehrdienstes etwa voll der Bund aufkomme und deshalb ein Kindergeld entbehrlich sei, denn der Kläger müsse in seinem Einfamilienhaus das Zimmer für den noch auf Jahre von ihm wirtschaftlich abhängigen Sohn R. weiterhin vorhalten, zumal dieser bei der Bundeswehr nur eine Rahmendienstzeit von Montag 6:00 Uhr bis Freitag 13:00 Uhr habe. In der übrigen Zeit sei der Sohn R. des Klägers zu Hause. Dies bedeute, dass er vom Kläger weiterhin zu einem großen Teil unterhalten werde, zumal der Kläger auch die Kosten für die Zivilkleidung von R. trage.
Allein die Kosten für sein Zimmer im Einfamilienhaus, welches im Winter auch während seiner Abwesenheit beheizt werden müsse, seien mit 3.392,04 DM jährlich oder 282,67 DM monatlich anzusetzen.
Unter diesen Umständen halte der Kläger es für verfassungswidrig, wenn sein noch auf Jahre hinaus von ihm wirtschaftlich abhängiger Sohn R. während seines Grundwehrdienstes so behandelt werde, als sei er wirtschaftlich selbständig und mindere er die Leistungsfähigkeit seiner Familie überhaupt nicht.
Zwar werde (gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Bundeskindergeldgesetz - BKGG -, § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -) die Berücksichtigungsgrenze von 27 Jahren für den Kinderfreibetrag um die Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes verlängert. Dies aber komme einem Studenten, der nach dem Grundwehrdienst zügig studiere und mit etwa 25 Jahren als Referendar mehr als 1.000,00 DM monatlich verdiene, nicht mehr zugute.
Soweit das Finanzgericht Düsseldorf diese Regelung für verfassungsrechtlich unbedenklich halte, sei dem nicht zu folgen: Die vom Finanzgericht Düsseldorf vertretene Ansicht sei nicht für alle Fälle folgerichtig. Wenn nämlich der Staat während des Wehrdienstes nach dem Wehrsoldgesetz den Unterhalt des Kindes durch Unterkunft und Verpflegung und die Zahlung von Wehrsold nur „im wesentlichen“ übernehme, werde demnach hinsichtlich des vom unterhaltspflichtigen Elternteil weiterhin zu tragenden restlichen Unterhaltsteils logischerweise dessen Existenzminimum besteuert.
Eine Regelungslücke bestehe insbesondere bei den als Schülern und Studenten wirtschaftlich noch unselbständi...