Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei überwiegendem Aufenthalt der Kinder bei ihrer Großmutter in Griechenland. leichtfertige Steuerverkürzung durch Verletzung der Mitwirkungspflichten bei Änderung der Verhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Aufenthalten eines Kindes sowohl in dem Haushalt des einen wie auch des anderen Berechtigten ist, da eine Aufteilung des Kindergeldes nach § 64 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, darauf abzustellen, wo sich das Kind überwiegend aufhält und wo es seinen Lebensmittelpunkt hat.
2. Nach der gesetzlichen Fiktion des Art. 60 Abs. 1 S. 2 DVO (EG) Nr. 987/2009 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnten.
3. Der Begriff der „Familienangehörigen” i. S. v. Art. 1 Buchst. i Nr. 1 Buchst. i VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst auch Großelternteile, die ein Enkelkind in ihren Haushalt aufgenommen haben.
4. Halten sich die Kinder einer im Inland lebenden griechischen Staatsangehörigen nur während der Sommerferien und um die Weihnachts- und Osterfeiertage in deren Haushalt, während der übrigen Zeit aber im Haushalt ihrer Großmutter in Griechenland auf, steht das Kindergeld der Großmutter zu.
5. Von einer zumindest leichtfertigen Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 68 EStG ist auszugehen, wenn dem Kindergeldempfänger ohne jede weitere Überlegung klar sein musste, dass eine mitzuteilende Änderung in den Verhältnissen (hier durch den Wegzug der Kinder nach Griechenland) eingetreten ist.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2, § 62 Abs. 1, § 64 Abs. 1-2, § 68; AO § 37 Abs. 2, § 378; EGV 883/2004 Art. 67-68, 1 Buchst. i Nr. 1; EGV 987/2009 Art. 60 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid vom 20. März 2018, mit dem die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für das Kind M., geboren am … 2006, ab dem Monat Februar 2012 und für das Kind I., geboren am … 2007, ab dem Monat März 2014 aufgehoben und für den Zeitraum Februar 2012 bis Januar 2018 an die Klägerin gezahltes Kindergeld i. H. v. insgesamt 22.348,00 EUR zurückgefordert hat.
Der Klägerin ist griechische Staatsangehörige und Mutter der Kinder M. und I.
Am 19. März 2009 ging ein vom 16. März 2009 datierender Antrag der Klägerin auf Kindergeld für die Kinder M. und I. bei der Familienkasse … ein. Oberhalb ihrer Unterschrift auf dem ausgefüllten Vordruck findet sich folgender Hinweis: „Mir ist bekannt, dass ich jede Änderung, die für den Anspruch auf Kindergeld von Bedeutung ist, unverzüglich der Familienkasse mitzuteilen habe. Das Merkblatt über Kindergeld habe ich bereits erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen.”
Als Ehegatte und Vater der Kinder M. und I. gab die Klägerin Herrn V. an, der ebenfalls griechischer Staatsangehöriger ist. Dieser unterschrieb den Kindergeldantrag der Klägerin an der Stelle, die für die Unterschrift des mit dem Antragsteller oder der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden Ehegatten oder anderen Elternteils vorgesehen ist.
Als Konto, auf das das beantragte Kindergeld überwiesen werden sollte, gab die Klägerin in dem Kindergeldantrag das Konto von E.V. bei der …-Bank mit der Nr. … an.
Mit Schreiben vom 30. März 2009 forderte die Familienkasse … die Klägerin auf, zum Nachweis ihres Anspruchs auf Kindergeld eine Haushaltsbescheinigung mit amtlicher Bestätigung der für sie zuständigen Meldebehörde vorzulegen.
Am 16. April 2009 ging bei der Familienkasse … ein am 16. März 2009 von der Klägerin unterschriebenes und am 9. April 2009 vom Bürgerbüro der Stadt … unterschriebenes und abgestempeltes Formular „Haushaltsbescheinigung zur Vorlage bei der Familienkasse” ein. Nach den Angaben der Klägerin in dem Feld „In Deutschland seit” des Formulars war das Kind M. seit dem 20. Februar 2007 und das Kind I. seit dem 1. Januar 2009 in Deutschland und in den Haushalt in der H.-Str., …, aufgenommen. Nach den Erläuterungen im Formular zu der Kennzeichnung „** „ ist in dem Feld „In Deutschland seit” anzugeben, seit wann sich das Kind ununterbrochen in Deutschland aufhält, sofern ein Zuzug aus dem Ausland erfolgte, wobei das Feld nur auszufüllen ist, sofern ein Zuzug aus dem Ausland erfolgte. Die Rückseite des Formulars enthält u. a. folgende Hinweise: „Kindergeld kann Ihnen grundsätzlich für die Kinder gezahlt werden, die zu Ihrem Haushalt gehören. Eine Haushaltszugehörigkeit liegt nur vor, wenn das Kind ständig in Ihrem Haushalt lebt, von Ihnen betreut und erzogen wird und aus den Mitteln Ihres Haushalts versorgt wird. […].”.
Am 15. Mai 2009 verfügte die Familienkasse … antragsgemäß die Festsetzung von Kindergeld für die Kinder M. und I. und versandte einen entsprechenden Bescheid an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 5. Juni 2009 teilte das Bürger- und Ordnungsamt der Stadt … auf Nach...