rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte eines Krankenhausarztes aus ärztlicher Notfalldiensttätigkeit als freiberufliche Einkünfte. Existenzgründereigenschaft einer Freiberufler-GbR. Fünfjahreszeitraum. kein Gewinnzuschlag bei Rückgängigmachung einer unberechtigt gebildeten Rücklage für Existenzgründer. gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Krankenhausarzt, der neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit eine Notfalldiensttätigkeit wie ein Angehöriger eines freien Berufs ausübt, nämlich eigenverantwortlich und frei von solchen Weisungen, die über das Maß von (auch) bei der Beauftragung von Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen üblichen Rahmenanweisungen hinausgingen, bezieht aus dieser Nebentätigkeit freiberufliche Einkünfte.
2. Maßgeblich zu berücksichtigen ist bei der erforderlichen Gesamtwürdigung, dass der Beruf des Arztes, ebenso wie der des Rechtsanwalts, Notars, Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters, eine standesrechtlich institutionalisierte Selbstständigkeit im Sinne eines fachlich eigenverantwortlichen Handelns impliziert, die den Typus des Freiberuflers schärfer zum Arbeitnehmer abgrenzt als den Typus des Gewerbetreibenden.
3. Der Begriff des Wirtschaftsjahres in § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG ist im Sinne der Legaldefinition in den §§ 4a EStG, 8b EStDV auszulegen. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff Wirtschaftsjahr hier im Sinne von Kalenderjahr gemeint sein könnte, bestehen nicht. Folglich ist zur Ermittlung des Fünfjahreszeitraums vom tatsächlichen Zeitpunkt der Betriebseröffnung fünf Jahre zurückzurechnen.
4. Damit einer Freiberufler-GbR Existenzgründereigenschaft und somit die Berechtigung zur Vornahme einer erweiterten „Ansparabschreibung” nach § 7g Abs. 7 EStG zukommen kann, darf keiner der Gesellschafter innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums (Leitsatz 3) Gewinneinkünfte bezogen haben. Auf deren Höhe käme es nicht an, denn im Rahmen dieser Subventionsnorm wäre es nicht statthaft, im Gesetz nicht vorgesehene zeitliche oder betragsmäßige „Bagatellgrenzen” anzuwenden.
5. Soweit eine von Anfang an zu Unrecht gebildete Rücklage rückgängig gemacht bzw. rückwirkend beseitigt wird, ist kein Gewinnzuschlag anzusetzen. Die Rückgängigmachung ist nicht als Rücklagenauflösung im Sinne von § 7g Abs.5 EStG anzusehen.
Normenkette
EStG 1997 § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 7g Abs. 7 S. 2, Abs. 5, § 4a; EStDV 1997 § 8b
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.09.2006; Aktenzeichen IV B 66/05) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Gesellschafter der Klägerin Existenzgründer i. S. des § 7g Abs. 7 EStG waren und deshalb eine 300.000,– DM übersteigende „Ansparabschreibung” vornehmen durften.
Gesellschafter der Klägerin sind die Herren Dr. X und Dr. Y, die seit dem 1. September 1995 in der Rechtsform einer Partnerschaft eine ärztliche Gemeinschaftspraxis betreiben. Am … wurde die Klägerin in das Register des Amtsgerichts O. eingetragen. Als Gegenstand der Partnerschaft wird dort die Ausübung der ärztlichen und zahnärztlichen Tätigkeit genannt. X und Y sind beide Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Zahnärzte.
Die Klägerin ermittelte in ihren beim Beklagten eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnungen bereits für das Jahr nach ihrer Gründung (1996) einen Gewinn in Höhe von rund 500.000,– DM, für die beiden Folgejahren (1997 und 1998) noch höhere Gewinne in jeweils sechsstelliger DM Höhe sowie für die darauffolgenden Jahre (1999 bis 2001) Gewinne in jeweils siebenstelliger DM-Höhe.
Im Jahr 1997 bildete die Klägerin – die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt – eine „Ansparabschreibung Existenzgründer” gemäß § 7g Abs. 7 i. V. mit Abs. 3 und 6 EStG in Höhe von 321.314,– DM und ermittelte einen entsprechend geminderten Gewinn, der dem Beklagten in der am 2. Juni 1999 bei ihm eingegangenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 mitgeteilt wurde. Der Beklagte erließ antragsgemäß am 22. Juli 1999 einen bestandskräftig gewordenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997. Zu diesem Zeitpunkt wurde Y noch nicht beim Beklagten, sondern beim Finanzamt M-W geführt – von dem der Beklagte die für Y geführten Einkommensteuerakten erst im Jahr 2000 übernahm –, so dass dem Beklagten die nachfolgend dargestellten Sachverhalte betreffend die Jahre 1992 bis 1995 nicht bekannt waren:
Y war in der Zeit vom 1. Februar 1989 bis zum 31. Januar 1995 hauptberuflich als angestellter Assistenzarzt beim Klinikum T-H-Hospitaltätig und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, und zwar im Jahr 1992 in Höhe von 88.547,– DM, im Jahr 1993 in Höhe von 106.012,– DM und im Jahr 1994 in Höhe von 108.587,– DM. Die sechsjährige Tätigkeit am H-Hospital war Bestandteil der Weiterbildung des Y zum Fachar...