rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug. Wirtschaftliche Zurechnung von Erschließungsleistungen. Umsatzsteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
Werden nach der im Auftrag einer Gemeinde durchgeführten Erschließung eines Gewerbegebiets die erschlossenen Grundstücke unter Verzicht auf die Steuerbefreiung an private Investoren veräußert und die erschlossenen öffentlichen Flächen und Straßen auf die Gemeinde übertragen, so sind die mit der Erschließung in Zusammenhang stehenden Eingangsumsätze wirtschaftlich den steuerpflichtigen Veräußerungen zuzurechnen. Die Erschließung der auf die Gemeinde übertragenen Flächen war lediglich Mittel zur Realisierung des eigentlichen Geschäftszwecks, nämlich der Erzielung der Umsätze aus der Veräußerung der Gewerbegrundstücke.
Normenkette
UStG 1996 § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheides vom 29.05.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2002 wird die Umsatzsteuer 1996 auf 45.684,71 Euro (89.351,51 DM) festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu erstattenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin führte im Auftrag der Gemeinde L…, die ihre alleinige Gesellschafterin war, die Erschließung eines gemeindlichen Gewerbegebiets mit einer Gesamtfläche von 210.161 qm durch. Rechtliche Grundlage hierfür war der Geschäftsbesorgungsvertrag vom 15.03.1994 in der Fassung vom 20.04.1994, wonach die Gemeinde die Klägerin mit dem Erwerb, der Veräußerung und der Belastung der Grundstücksfläche des Gewerbegebiets, der Durchführung von Erschließungsmaßnahmen sowie aller Geschäfte, die dem Unternehmenszweck dienten, beauftragte (§ 1). Die Klägerin handelte hierbei im eigenen Namen und für eigene Rechnung (§ 2). Kostenträger der Erschließungsmaßnahmen war die Klägerin. Die Gemeinde verpflichtete sich, der Klägerin zweckgebundene Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” in Höhe von 10.031.400,– DM zur Verfügung zu stellen. Die nicht durch öffentliche Fördermittel gedeckten Kosten in Höhe von rund 10 % der Investitionssumme sollte die Klägerin tragen (§ 6). Für die zur öffentlichen Nutzung und an die Medienträger zu übergebenden Flächen und Anlagen sollte der Vertrag erfüllt sein, wenn die Abnahme durch die Gemeinde und die Medienträger erfolgt war (§ 12). Auf die Bestimmungen des Vertrages im Einzelnen wird Bezug genommen. Die erschlossenen Grundstücke veräußerte die Klägerin alsdann an Investoren (163.700 qm), darunter an die (damals noch) Deutsche Bundespost (6.000 qm). Die erschlossenen öffentlichen Flächen und Straßen (46.461 qm) übertrug sie auf die Gemeinde.
Am 29.05.2001 erließ der Beklagte einen von der Umsatzsteuerjahreserklärung der Klägerin abweichenden Umsatzsteuerbescheid 1996, in dem er den Abzug der erklärten Vorsteuern versagte, stattdessen einen Vorsteuerbetrag von 1.371,75 DM hinzurechnete. Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin hatte teilweise Erfolg. In seiner Einspruchsentscheidung teilte der Beklagte unter Bezugnahme auf die Feststellungen einer in 1994/1995 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vgl. Prüfungsbericht vom 22.09.1995) die Vorsteuern in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil auf. Als nicht abziehbar berücksichtigte er einen Vorsteueranteil von 25 % (2.112,72 DM), was dem Anteil der auf die Gemeinde und auf die Deutsche Bundespost übertragenen Grundstücksflächen an dem gesamten Erschließungsgebiet entsprach. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, auch die Übertragung der erschlossenen öffentlichen Flächen auf die Gemeinde beruhe insofern auf einem Leistungsaustausch, als die Klägerin als Gegenleistung den Zuschuss aus der Gemeinschaftsaufgabe erhalten habe. Die Vorsteuern aus der Erschließung dieser Flächen und des an die Post veräußerten Grundstücks seien jedoch nicht abziehbar, da die Grundstücksübertragungen steuerfrei seien und wegen der fehlenden Unternehmereigenschaft der Gemeinde und der Post ein Verzicht der Klägerin auf die Steuerbefreiung nicht möglich sei. Außerdem kürzte der Beklagte die Vorsteuer wegen eines anderen, hier nicht streitigen Punktes und erhöhte nach vorherigem Hinweis die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage um die hälftige Grunderwerbsteuer, soweit erschlossene Grundstücke umsatzsteuerpflichtig veräußert worden waren.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die geänderte Steuerfestsetzung, soweit die Kürzung der Vorsteuer hinsichtlich der auf die Gemeinde übertragenen Flächen und Anlagen betroffen ist (1.808,49 DM). Sie macht geltend, die Übertragung sei insoweit unentgeltlich erfolgt. Der Zuschus...