Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug und steuerliche Bewertung von Sondernutzungsgebühren für Abfallentsorgung in Containern auf öffentlichen Standflächen
Leitsatz (redaktionell)
- Die mit der Müllentsorgung im Rahmen des sog. Dualen Systems zusammenhängenden Tätigkeiten dienen nicht der Ausübung der öffentlichen Gewalt und stellen somit keinen Hoheitsbetrieb i.S. des § 4 Abs. 5 KStG dar.
- Sondernutzungsgebühren, die einem kommunalen Betrieb gewerblicher Art aufgrund der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis für öffentliche Standflächen der Glascontainer von der Trägerkörperschaft nach Maßgabe ihrer Gebührensatzung berechnet werden, lösen keine verdeckte Gewinnausschüttung aus.
- Hierin liegt keine Begünstigung gegenüber einem den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung unterworfenen privaten Gewerbetreibenden, da die Erlaubnis zur Nutzung dieser Standflächen gegen Sondernutzungsgebühren in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft fällt.
- Unabdingbare Voraussetzung für die Hinzurechnung von Nutzungsentgelten als verdeckte Gewinnausschüttung in derartigen Fallkonstellationen ist, dass diese im Rahmen eines weiteren Betriebs gewerblicher Art als „Verpachtung” der Körperschaftsteuer unterworfen werden könnten.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, 5; StrWG NRW § 18 Abs. 1 S. 3, § 19a Abs. 1; VerpackV § 6 Abs. 3
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999, 2000, 2001
Tatbestand
Die Klägerin ist eine kommunale Gebietskörperschaft. Sie hat sich gegenüber einer von mehreren Entsorgungsunternehmen gegründeten „Vereinigung” („B”) vertraglich zum Einsammeln von Altglas, Papier und Leichtverpackungen durch Aufstellen entsprechender Depotcontainer an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet sowie durch Zurverfügungstellung von Papiertonnen und Kunststoffsäcken verpflichtet (Tätigkeit im Rahmen des § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung – sog. Duales System). Die Leerung der Container erfolgt durch beauftragte Unternehmen, die Sammlung bzw. Leerung der sonstigen Behälter durch eigene Bedienstete der Klägerin. Die Klägerin behandelt diese gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit für die „B” als Betrieb gewerblicher Art. Sie ermittelt den Gewinn dieses Betriebes gewerblicher Art nach § 4 Abs. 1 EStG.
Für die Nutzung der Standflächen der Glascontainer auf öffentlichen Straßen und Plätzen erteilte die Klägerin dem Betrieb gewerblicher Art eine Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen i.d.F. vom 23.09.1995 (StrWG NRW) und erhob zugleich Sondernutzungsgebühren nach Maßgabe der einschlägigen Gebührensatzung. In den Jahren 1997 bis 2000 (Streitjahren) fielen Sondernutzungsgebühren von 504.880 DM in 1997 sowie jeweils 503.700 DM in den Jahren 1998 bis 2000 an. Bei der Gewinnermittlung des Betriebes gewerblicher Art wurden die erhobenen Sondernutzungsgebühren als Betriebsausgaben angesetzt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Streitjahre durch das zuständige Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung wurde der Betriebsausgabenabzug für die Sondernutzungsgebühren versagt und die entsprechenden Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die gewinnmindernde Berücksichtigung dieser Gebühren zu einer Ungleichbehandlung gegenüber privaten Entsorgungsunternehmen führen würde. Die Standflächen für die Glascontainer stellten wesentliche Betriebsgrundlagen dar; nach Betriebsaufspaltungsgrundsätzen seien die Entgelte für die Überlassung dieser Flächen als gewerbliche Einkünfte zu versteuern (vgl. hierzu Tz. 9 des Prüfungsberichts vom 7.10.2002).
Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und erhöhte die gewerblichen Einkünfte entsprechend.
Die Klägerin hat nach erfolglosen Einsprüchen gegen die hierauf beruhenden Änderungsbescheide (Gewerbesteuermessbescheide 1997 bis 2001, Bescheide zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf dem 31.12.1997 bis 2000, Körperschaftsteuerbescheid 2001 sowie Bescheide über die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12. 1997 bis 2000) Klage erhoben, die sie wie folgt begründet:
Der Vergleich mit der Behandlung von Alleingesellschaftern einer Kapitalgesellschaft gehe schon deshalb fehl, weil die Sondernutzungsgebühren im Streitfall nicht auf einer vertraglichen Grundlage, sondern aufgrund allgemein gültigen Satzungsrechts erhoben würden. In der einschlägigen Satzung sei ausdrücklich bestimmt, dass die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums an Straßen sich nur innerhalb des Gemeingebrauchs nach zivilrechtlichen Vorschriften richte. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der entgeltlichen Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage setze zwingend voraus, dass die Nutzungsüberlassung aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags erfolge. Die Erhebung von Sondernutzungsgebühren sei dagegen eine hoheitliche Tätigkeit. Würde man hier eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen, würde...