Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld auch für den Einberufungsmonat zum Zivildienst, wenn im selben Monat die mündliche Abiturprüfung stattfindet
Leitsatz (redaktionell)
Der Kindergeldanspruch für den Monat, in dem die Schulausbildung mit dem Abschluss der mündlichen Abiturprüfung endet, besteht auch dann, wenn das Kind - unter Freistellung für den Prüfungstag - am ersten Tag dieses Monats zum Zivildienst einberufen wird.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, § 66 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger ist der Vater des am 3. August 1979 geborenen F.
Mit Schreiben vom 19. April 1999 kündigte der Beklagte die Einstellung der Kindergeldzahlungen mit Ablauf des Monats Juli 1999 an.
Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 1. Juni 1999 mit, dass sich sein Sohn F bis zum 12. Juni 1999 in Schulausbildung befinde. An diesem Tag werde ihm das Abiturzeugnis ausgehändigt. Bereits ab dem 1. Juni 1999 sei sein Sohn zum Zivildienst einberufen worden. Sodann bat der Kläger, die Kindergeldzahlung ab dem 1. Juli 1999 einzustellen.
Den Einberufungsbescheid vom 13. April 1999 sowie eine Kopie des Abiturzeugnisses, welches das Datum des 8. Juni 1999 trägt, reichte der Kläger nach.
Mit Bescheid vom 29. Juni 1999 hob der Beklagte daraufhin die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung zum 1. Juni 1999 auf, stellte die laufende Zahlung ab dem 1. Juli 1999 ein und forderte einen Betrag von 250,- DM zurück. Zur Begründung führte er aus, die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil der Sohn F des Klägers ab dem 1. Juni 1999 den gesetzlichen Zivildienst ableiste.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 1999 Einspruch ein. Er machte geltend, die Ableistung des gesetzlichen Zivildienstes sei nach den Voraussetzungen des § 32 Einkommensteuergesetz - EStG - kein negatives Tatbestandsmerkmal, bei dessen Vorliegen die Kindergeldberechtigung entfalle. Entscheidend sei vielmehr, ob sich sein Sohn an mindestens einem Tag im Juni in Berufsausbildung befunden habe. Auch die Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs - DA - (Bundessteuerblatt - BStBl - I 1998, 386) Ziffer 63.3.2.6 lasse eine differenzierte Betrachtungsweise zu. Danach könne auch für die Zeit eines Zivildienstes eine Ausbildung angenommen werden, wenn das Kind vom Dienst freigestellt werde und eine Berufsausbildung beginne. Dem könne allgemein entnommen werden, dass eine Berufsausbildung angenommen werden könne, wenn sich ein Kind unter Freistellung vom Dienst in Ausbildung befinde. Sein Sohn sei am 8. Juni 1999 im Leistungsfach Chemie geprüft worden. Auf diese Prüfung, die er zur Aufbesserung seines Abiturdurchschnitts mit "sehr gut" habe bestehen müssen, habe sich sein Sohn intensivst vorbereitet. Seine Tätigkeit in der Zivildienststelle habe ihn geistig nicht sonderlich in Anspruch genommen, so dass er sich nach Feierabend noch stundenlang habe vorbereiten können. Der 3., 5. und 6. Juni 1999 seien zudem ohnehin dienstfreie Tage gewesen. Am 7. Juni 1999 sei er zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung, am 8. Juni 1999 für die Prüfung selbst und am 10. Juni 1999 für die schulische Veranstaltung "Abistreich" vom Dienst freigestellt worden. Damit habe sich sein Sohn bis zur Bekanntgabe des Zeugnisses intensivst um den Schulabschluss bemüht und zumindest bis zum 8. Juni 1999 einschließlich die Vorbereitung auf das Abitur die Zivildiensttätigkeit eindeutig überwogen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. August 1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, Zeiten, in denen ein Kind den gesetzlichen Zivildienst ableiste, könnten bei der Zahlung von Kindergeld nicht berücksichtigt werden. Der Zivildienst beginne an dem Tag, an dem er angetreten werde. Dies sei bei dem Sohn des Klägers der 1. Juni 1999 gewesen. Die Schulausbildung des Sohnes sei mit dem Bestehen der Reifeprüfung abgeschlossen gewesen. Die beabsichtigte Verbesserung des Notendurchschnitts sei nach DA-FamEStG Nr. 63.3.2.6 Abs. 4 nicht berücksichtigungsfähig, da der Sohn durch Bestehen der Abiturprüfung einen Ausbildungsstand erreicht habe, der zum Studienbeginn / zur Berufsausbildung befähige. Außerdem forderte der Beklagte in Abänderung des ursprünglichen Bescheides nunmehr Kindergeld in Höhe von 300,- DM zurück.
Mit der am 25. August 1999 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen macht er geltend, dass es für die Frage, ob eine Ausbildung vorliege, nicht auf den Unterhaltsbedarf ankomme, sondern darauf, ob ausbildungsbedingte Aufwendungen entstehen könnten. Dies sei bei einer noch nicht abgeschlossenen Schulausbildung immer der Fall.
Im Übrigen habe der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 9. Juni 1999 (VI R 33/98) seine Auffassung bestätigt, dass die Ausbildungsmaßnahme Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch nehmen müsse, weil der Gesetzgeber den Umfang schädlicher berufsbegleitender Tätigkeiten typisierend über die Höhe der Einkünfte und Bezüge des...