Entscheidungsstichwort (Thema)
Halbabzugsverbot bei geringfügigen Einnahmen – Verlust aus der Veräußerung eines GmbH- GmbH-Anteils zum Kaufpreis von 1 €
Leitsatz (redaktionell)
- Das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG greift hinsichtlich des Verlustes aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils auch dann ein, wenn durch die Beteiligung nur geringfügige zur Hälfte steuerfreie Einnahmen erzielt worden sind (hier: Veräußerung zum Kaufpreis von 1 €).
- Das Halbabzugsverbot ist als zulässige typisierende Komplementärregelung zu § 3 Nr. 40 EStG verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 40 Buchst. c, § 3c Abs. 2 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den Verlust aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils zu einem Kaufpreis von 1 EUR im Streitjahr 2004.
Die Kläger wurden für das Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und sein Vetter gründeten mit notariellem Vertrag vom 02.05.1991 die Firma A GmbH mit Sitz in X. Sie waren am Stammkapital in Höhe von 100.000 DM jeweils zur Hälfte beteiligt und als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer tätig. Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb u. a. von Verpackungen, Kisten, Kartonagen, Särgen, Hobelbänken. Mit Gesellschafterversammlung vom 31.10.1991 erfolgten die Namensänderung in A GmbH (im Folgenden: GmbH), die Sitzverlegung von X nach Y sowie die Erhöhung des Stammkapitals auf 300.000 DM. Der Geschäftsbetrieb in Y war am 01.10.1991 aufgenommen worden. In der Gesellschafterversammlung vom 28.12.1992 erfolgte eine weitere Stammkapitalerhöhung um 100.000 DM auf 400.000 DM. Die GmbH gehörte zur Unternehmensgruppe A.
Mit notariellem Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 30.07.2004 veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile an der GmbH an den Sohn seines Vetters, zu einem Kaufpreis von 1 EUR. Zugleich wurde der neue Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt. Mit Gesellschafterversammlung vom 30.07.2004 wurde das Stammkapital auf 204.516,75 EUR umgestellt und auf insgesamt 455.000 EUR erhöht.
Am ........2005 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Amtsgericht Z eröffnete mit Beschluss vom .........2006 (Az.: ............) antragsgemäß das Insolvenzverfahren, welches bis heute nicht abgeschlossen ist. Laut Insolvenzgutachten vom 26.01.2006 stellte der Rechtsanwalt und spätere Insolvenzverwalter M sowohl den Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit als auch den der Überschuldung fest. Die bestehenden Verbindlichkeiten der GmbH wurden mit 2.236.196,22 EUR festgestellt, Vermögenswerte, welche mit Fortführungswerten zu bewerten seien, könnten mit 1.689.443,42 EUR (u. a. Grundstücke, Unternehmensbeteiligung) angegeben werden, so dass die Passiva zu 75,55 v. H. gedeckt seien. Ursachen für die wirtschaftliche Krise dürften zurückgegangene Verkaufspreise bei den Särgen wegen der „Billigkonkurrenz” aus den osteuropäischen Staaten und die Zinslast aus der Kaufpreisfinanzierung für die Betriebsstätte in Y gewesen sein.
In der Einkommensteuererklärung für 2004 gaben die Kläger – wie auch in den Vorjahren – gewerbliche Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an der A GmbH & Co. KG mit Sitz in X an. Außerdem machten sie einen Verlust des Klägers aus der Veräußerung seines GmbH-Anteils in Höhe von 184.064,70 EUR gemäß § 17 EStG geltend, welcher wie folgt ermittelt wurde:
Anschaffungskosten:
Anteil am Stammkapital: 102.259,00 EUR
Zuzüglich nachträgliche Anschaffungskosten:
Verlust von Darlehen in Höhe von 160.000 DM 81.806,70 EUR
Abzüglich Kaufpreis 1,00 EUR.
Als Nachweise legten sie u. a. Kopien von Zahlungsbelegen, eine Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 13.12.1999 sowie Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter vom 17.12.2001 und 20.12.2002 vor, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Außerdem reichten sie eine Erklärung des Klägers vom 30.07.2004 ein, wonach dieser auf die Rückzahlung seiner Darlehensforderung gegenüber der GmbH in Höhe von insgesamt 81.806,70 EUR verzichtet hatte.
Das beklagte Finanzamt berücksichtigte einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe des Stammkapitals (102.259 EUR), ohne hierauf das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden. Mit Bescheid vom 06.07.2006 wurde die Einkommensteuer für 2004 auf 0 EUR festgesetzt. Zugleich stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2004 in Höhe von 31.114 EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert fest (Bescheid vom 06.07.2006). Er war der Auffassung, die Darlehen seien als sog. stehen gelassene Darlehen zu beurteilen, die in gesunden Zeiten gewährt und in der Krise nicht abgezogen worden seien. Im Zeitpunkt des Darlehensverzichts sei mit einer Realis...