Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Messekataloge
Leitsatz (redaktionell)
Auf die Umsätze aus dem Verkauf von Messekatalogen ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, wenn sie nach ihrer erkennbaren Zweckbestimmung nicht überwiegend darauf abzielen, die Adressaten zur Inanspruchnahme von entgeltlichen Waren oder Dienstleistungen der Aussteller oder des Messeveranstalters zu veranlassen, sondern der Information der Besucher einer Messe über die hieran teilnehmenden Aussteller dienen.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1; KN Pos. 4901; Pos. 4911
Streitjahr(e)
2002, 2003, 2004
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin veranstaltet Messen. Sie verkauft an Besucher der von ihr veranstalteten Messen Kataloge, in denen die jeweiligen Aussteller und deren Standorte in den Messehallen aufgeführt sind. In einem allgemeinen Teil des Katalogs werden zunächst Informationen über Öffnungszeiten, die für die jeweilige Messe verantwortlichen Personen, Kontaktadressen sowie über Autovermietungen, Bankverbindungen, Geldautomaten, ärztliche Versorgung und Unterkunftsmöglichkeiten zusammengestellt. Anschließend folgt ein alphabetisches Verzeichnis der jeweiligen Aussteller mit Hinweisen auf ihre Kontaktdaten und ihre Standorte in den Messehallen. Hieran schließt sich ein systematisches Warenverzeichnis an, in dem sich die im alphabetischen Verzeichnis aufgeführten Aussteller nach Produktkategorien geordnet wiederfinden. Die Aussteller- und Warenverzeichnisse machen nach der Anzahl der bedruckten Seiten den weit überwiegenden Umfang des Messekatalogs aus (mehrere hundert Seiten). Die jeweiligen Aussteller haben die Möglichkeit, in dem Messekatalog durch Anzeigen, die mit einem Hinweis auf ihren Standort verbunden sind, besonders auf ihr Unternehmen aufmerksam zu machen. Derartige Anzeigen machen weniger als die Hälfte der insgesamt bedruckten Seiten eines Katalogs aus. Falls Vorträge oder Foren auf einer Messe stattfinden, werden diese in einem an das systematische Warenverzeichnis anschließenden Teil genannt. Den Abschluss des Katalogs bildet ein Lageplan für das Messegelände.
Die Klägerin wendete auf die Umsätze aus dem Verkauf der Messekataloge den ermäßigten Umsatzsteuersatz an. Das beklagte Finanzamt folgte dem zunächst und setzte die Umsatzsteuer gegen die Klägerin für die Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend fest.
Im Anschluss an eine Außenprüfung, die am … 2006 begann (Prüfungsbericht vom … 2010), vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass die Messekataloge überwiegend Werbezwecken dienten und deshalb der Regelsteuersatz auf die aus dem Verkauf der Kataloge erzielten Umsätze anzuwenden sei. Demgemäß setzte es die Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 mit Bescheiden vom 18. November 2010 neu fest.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die Messekataloge dienten nicht überwiegend Werbezwecken, sondern vielmehr der Information und Orientierung der Messebesucher. Ohne den Messekatalog sei eine Orientierung des Fachpublikums auf ihrem Gelände mit einer Vielzahl von Hallen nicht möglich. Die Messekataloge seien nicht mit einem Hotel- und Gaststättenverzeichnis zu vergleichen, mit dem Kunden veranlasst werden sollten, ein bestimmtes Hotel oder Restaurant aufzusuchen. Die Messebesucher hätten schon vor dem Erwerb des Katalogs die Entscheidung getroffen, die Messe zu besuchen. Insoweit sei der Katalog mit den sog. gelben Seiten zu vergleichen, bei denen der Leser sich gleichfalls schon entschieden habe, sich über Unternehmen einer bestimmten Branche zu informieren.
Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 14. Oktober 2011 zurück und führte aus: Der Messekatalog diene zwar auch der Orientierung der Besucher. Das ändere jedoch nichts daran, dass er insgesamt überwiegend Werbezwecken diene. Der Katalog bewerbe sowohl die Messeveranstaltung selbst als auch die jeweiligen Aussteller. Er stelle über den Zeitraum der eigentlichen Messe hinaus eine Übersicht von Anbietern einer Branche dar. Für den Werbecharakter des Katalogs sprächen zudem die hohen Entgelte, die ein Aussteller für eine Pflichteintragung zu zahlen habe. Mit den sog. gelben Seiten könne der Messekatalog nicht verglichen werden. Die gelben Seiten dienten nach § 78 Abs. 2 Nr. 2 des Telekommunikationsgesetzes der gesetzlich angeordneten Deckung eines allgemeinen Bedarfs.
Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Der Messekatalog diene im Wesentlichen der Information der Besucher und nicht ihrer werbenden Beeinflussung. Für die jeweilige Messe werde nicht mit dem Katalog, sondern mit anderen Mitteln geworben. Eine Fachmesse werde von einem Kunden auf Grund ihres thematischen Schwerpunkts besucht. Der Katalog werde regelmäßig erst erworben, nachdem der Besucher seine Entscheidung, die jeweilige Fachmesse zu besuchen, bereits getroffen habe. Bei der Buchung einer Messe liege er in der Rege...