Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösung von Versorgungsansprüchen eines alleinigen Geschäftsführers als tarifbegünstigte Entschädigung einer Pensionsverpflichtung
Leitsatz (redaktionell)
Die Abgeltung des Witwenpensionsanspruchs der durch Erbfall in die Position der Alleingesellschafter-Geschäftsführerin eingetretenen Berechtigten kann auf einer Zwangslage beruhen und damit als steuerbegünstigte Entschädigung zu behandeln sein, wenn eine Fortführung der Kapitalgesellschaft zur Abwicklung der Pensionsansprüche nach wirtschaftlichen Maßstäben unsinnig gewesen wäre.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 2, § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ablösung von Versorgungsansprüchen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz - EStG - dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Der Ehemann der Klägerin war Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH (fortan: A-GmbH). Mit Vertrag vom 01.07.1987 erteilte die A-GmbH dem Verstorbenen eine Pensionszusage auf das Alter von 65 Jahren. Zur Rückdeckung der Pensionsverpflichtung schloss sie am selben Tage mit der B-Versicherung eine Versicherung auf das Leben des Verstorbenen ab. Im Fall des Todes des Versorgungsberechtigten sollte dessen Ehegatte eine Hinterbliebenenrente von 60% des Ruhegehalts erhalten. Der Ehemann der Klägerin schied im Februar 1994 nach Streitigkeiten mit dem Mitgesellschafter aus der A-GmbH aus und gründete die C-GmbH (fortan: C-GmbH). Er wurde alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der C-GmbH. Gegenstand des Unternehmens war die Beratung im Zusammenhang mit der Entwicklung sowie der Vertrieb von Hard- und Software.
Am 07.02.1994 schloss die C-GmbH mit der A-GmbH einen Betriebskaufvertrag über den Geschäftsbetrieb der Niederlassung der A-GmbH in X. Im Rahmen dieses Vertrages wurden sowohl die Verpflichtungen aus der unverfallbaren Versorgungszusage wie auch die Rechte der A-GmbH aus der Rückdeckungsversicherung auf die C-GmbH übertragen. Die Rechte aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag blieben weiterhin gemäß Vertrag vom 26.11.1990 sicherungshalber an den Ehemann der Klägerin verpfändet.
Der Ehemann der Klägerin verstarb am 24.10.1994. Die Klägerin erbte die Beteiligung an der C-GmbH. Die C-GmbH erwirtschaftete im Gründungsjahr 1994 bei Umsatzerlösen von ca. 57.000 DM einen Verlust von 254.739 DM. Im Dezember 1995 erhielt die C-GmbH aus der Rückdeckungsversicherung die Versicherungssumme von 175.320,60 DM abzüglich ausstehender Monatsbeträge von 3.927 DM. Der Differenzbetrag von 171.393,60 DM wurde der Klägerin im Streitjahr 1995 zur Abgeltung der Pensionsansprüche ausbezahlt.
Mit Bescheid vom 07.08.1997 setzte das FA die Einkommensteuer für 1995 auf 253.598 DM fest. Die im Zusammenhang mit der Ablösung des Witwenpensionsanspruches an die Klägerin geleistete Zahlung von 171.393 DM sah es als Versorgungsbezüge gemäß § 19 Abs. 2 EStG an.
Mit dem Einspruch machte die Klägerin u.a. geltend, für die Versorgungsbezüge sei der ermäßigte Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG zu gewähren.
Mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.1999 setzte das FA die Einkommensteuer 1995 auf 219.378 DM herab. Der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - blieb bestehen. Bezüglich der ermäßigten Besteuerung der Versorgungsleistung führte das FA aus, die Einnahmen seien auf 175.320 DM zu erhöhen. Wegen der Personenidentität von Gesellschafter-Geschäftsführerin und Pensionsberechtigter sei davon auszugehen, dass die Klägerin die von der C-GmbH geschuldeten Beitragsleistungen von 3.927 DM in Form des Verzichts auf höhere Auszahlung privat übernommen habe. Insoweit liege eine Einkommensverwendung vor, die die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nicht mindern dürfe. Die Einmalzahlung zur Abfindung des Witwenpensionsanspruches sei nicht als Entschädigung für entgehende oder entgangene Einnahmen i.S.d. §§ 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2, 24 Nr. 1 a EStG tarifbegünstigt. Der Begriff der Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 a EStG setze voraus, dass ein Steuerpflichtiger, der - wie im Streitfall - selbst an der Herbeiführung des Einnahmeausfalls mitgewirkt habe, unter erheblichem wirtschaftlichem, rechtlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt habe. Keinesfalls dürfe das schadenstiftende Ereignis, hier die Aufgabe einer vertraglich gesicherten Rechtsposition, aus eigenem Antrieb herbeigeführt worden sein. Die Klägerin habe beim Verzicht auf die laufenden Pensionszahlungen zu Gunsten der Kapitalabfindung nicht unter einem solchen Druck gehandelt. Sie habe einen vertraglich begründeten Rechtsanspruch auf Witwenpension gehabt, der durch die Rückdeckungsversicherung und den Verpfändungsvertrag vom 26.11.1990 zusätzlich abgesichert gewesen sei. Es habe somit keine Gefährdung ihrer Ansprüche gegen die C-GmbH bestanden, unabhängig von deren damaliger bzw. künftig zu erwartender wirtschaftlicher La...