Entscheidungsstichwort (Thema)
Im Rahmen einer Liquidation gezahlte Abfindung zur Abgeltung von Rentenansprüchen kein tarifbegünstigter Aufgabegewinn
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird einem Kommanditisten anlässlich der Liquidation der Gesellschaft eine Abfindung zur Abgeltung seiner Ansprüche aus einer betrieblichen Versorgungsrente (nichtpassivierte Altzusage) gewährt, so liegt darin die Verpflichtung zu einer nicht dem begünstigten Aufgabegewinn, sondern dem laufenden Gewinn zugehörigen Sondervergütung, die korrespondierend zur Passivierung in der Steuerbilanz der Gesellschaft in der Sonderbilanz des Kommanditisten als Aktivposten auszuweisen ist.
2. Für die Behandlung dieser Abfindung als tarifbegünstigte Entschädigung für künftig entgehende Einnahmen fehlt es an der erforderlichen Zwangssituation des begünstigten Mitunternehmers, wenn die auch von seinem Willen abhängige Liquidation bei ausreichender Liquidität für die Unternehmensfortführung maßgeblich durch den Wunsch nach Realisierung der stillen Reserven und den Ausschluss bloßer Unwägbarkeiten der künftigen Entwicklung veranlasst war.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6a Abs. 4 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Halbsatz, § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1, 2 Nrn. 1-2; EGHGB Art. 28 Abs. 1 S. 1; HGB § 253 Abs. 1 S. 2
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob an einen Kommanditisten im Rahmen einer Liquidation gezahlte Abfindungsbeträge zur Abgeltung von Rentenansprüchen als Teil des nach § 16 EStG begünstigten Aufgabegewinns zu behandeln sind oder zu den laufenden Einkünften zählen und als Entschädigung zu behandeln sind.
Der Kläger zu 1) war Kommanditist der gewerblich tätigen, inzwischen jedoch vollbeendeten A. X GmbH & Co. KG. Diese betrieb einen Papeterieeinzelhandel sowie eine Druckerei an zwei Standorten in der Innenstadt von A-Stadt und B-Stadt. Persönlich haftender Gesellschafter war die X Verwaltungsgesellschaft mbH ohne vermögensmäßige Beteiligung. Kommanditisten waren neben dem Kläger zu 1) mit einer Beteiligung von 47,1% Herr B. X mit 14,2%, der Beigeladene zu 1), Herr C. Y mit 15,5% sowie der Beigeladene zu 2), Herr C. Y mit 23,2%. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Beigeladene zu 1). An dem Gesellschaftsanteil von Herrn C. Y stand der Beigeladenen zu 3), Frau D. X, ein Nießbrauch an den laufenden Einkünften zu. Die Beigeladene zu 4), Frau E. X, war nießbrauchsberechtigt an den laufenden Einkünften aus dem Gesellschaftsanteil von Herrn B. X. Letzterer ist mittlerweile verstorben und wurde von Frau F. X, der Klägerin zu 2), beerbt.
Der Kläger zu 1) hatte am 22.12.1972 mit der KG einen Vertrag geschlossen, der diese unter anderem dazu verpflichtete, ihm nach Erreichen des Pensionsalters (65. Lebensjahr) eine Invaliden- und Altersversorgung von 65% seiner monatlichen Bezüge zu gewähren und an seine Ehefrau eine Witwenpension von 45% der zuletzt gezahlten Bezüge zu zahlen. Der Kläger zu 1) ging 1991 in Pension. Zuletzt wurden monatlich 10.070,00 DM gezahlt. Der versicherungsmathematische Barwert der Pensionsansprüche betrug unter Berücksichtigung der Dynamisierung im Streitzeitraum 2.400.000,00 DM.
Für die zu erwartenden Pensionsansprüche hatte die KG in ihren Bilanzen keine Rückstellungen gebildet, da es sich um Altzusagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch - EGHGB - handelte. Auch nach Eintritt des Versorgungsfalles in 1991 unterblieb die Passivierung einer Pensionsverbindlichkeit.
In den Jahren 1994 und 1995 erwirtschaftete die Gesellschaft in allen Geschäftsbereichen Verluste. Um die Auftragssituation zu verbessern und die Gewinnzone zu erreichen, waren Investitionen im Druckereibereich erforderlich, die die Gesellschafter aufgrund des damit verbundenen wirtschaftlichen Risikos und der bereits bestehenden Schuldenlast der Gesellschaft nicht bereit waren, aufzubringen. Am 09.12.1995 wurde daher in einer Gesellschafterversammlung beschlossen, aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und zur Vermeidung zukünftiger Verluste die KG zu liquidieren. Ziel der Liquidation war es, die im Grundbesitz der Gesellschaft ruhenden stillen Reserven zu realisieren und an die Gesellschafter auszukehren. Anderenfalls hätte die Gefahr bestanden, dass diese stillen Reserven bei andauernden Verluste im Laufe der folgenden Wirtschaftsjahre aufgezehrt worden wären.
Im Rahmen der Liquidation wurden daher die im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücke und der Maschinenpark veräußert. Zuerst wurde in Erwägung gezogen, die aus der Veräußerung erzielten Erlöse zwecks Sicherung der Pensionsansprüche in Wertpapieren anzulegen. Der zu diesem Zeitpunkt 70 Jahre alte Kläger zu 1) hatte aber Zweifel hinsichtlich einer sicheren und ertragbringenden Geldanlage durch die Liquidationsgesellschafter und fürchtete eine Gefährdung seiner Pensionsansprüche durch eine ungünstige Kapitalmarktentwicklung. Daher wurde am...