Entscheidungsstichwort (Thema)
Einnahme-Überschussrechnung: Gewinnverteilung bei Veruntreuung von Einnahmen durch einen Mitgesellschafter – Sonderbetriebseinnahmen des ungetreuen Mitunternehmers
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung einer Steuerberatungs-GbR führen der – ohne Billigung oder Duldung der Mitgesellschafter erfolgende - Einzug von der GbR zustehenden Last- und Gutschriften auf Konten eines ungetreuen Mitgesellschafters und die Verrechnung von Forderungen der GbR mit für den Privatbereich dieses Gesellschafters erbrachten Gegenleistungen der Mandanten nicht zu einer nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel allen Gesellschaftern zuzurechnenden Gewinnrealisierung der Gesamthand, sondern zu Sonderbetriebseinnahmen des ungetreuen Mitunternehmers (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2000 IV R 16/00, BStBl. II 2001, 238; entgegen Urteil des FG Baden-Württemberg vom 28.4.2015 8 K 1961/14, juris).
- Demgegenüber verbleibt es bei der Zurechnung des Gewinns nach dem Gewinnverteilungsschlüssel, wenn ein Gesellschafter ihm – als Empfangsbevollmächtigter der GbR - übergebene Bareinnahmen und Schecks durch unberechtigte Entnahmen aus dem bereits realisierten Gesellschaftsvermögen veruntreut und noch nicht endgültig feststeht, dass ein Ersatzanspruch gegen den Gesellschafter nicht realisierbar ist (vgl. BFH, a.a.O.).
- Ein Gesellschafter, der Beträge am Gesellschaftsvermögen vorbei vereinnahmt, trägt die Feststellungslast dafür, dass die übrigen Gesellschafter dieser Handhabung zumindest durch schlüssiges Verhalten zugestimmt haben.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO § 90 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen die Zurechnung von Gewinnanteilen aus seiner früheren Tätigkeit als Gesellschafter bei der A und B Steuerberater Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften für die Kalenderjahre 2000-2006.
Der spätere Mitgesellschafter A betrieb seit Anfang der achtziger Jahre ein Steuerberatungsbüro in Z-Stadt. Am 1.12.1996 stellte er den Kläger als Arbeitnehmer ein. Ab dem 1.7.1998 wurde der Kläger überdies als freier Mitarbeiter für CB tätig. Zum 1.2.2000 gründeten beide die GbR. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Einnahmenüberschussrechnung. Grundlage war eine elektronisch geführte Buchhaltung. Die Jahresabschlüsse fertigte der Gesellschafter CB jedoch handschriftlich und ohne Mitwirkung weiterer Personen, auch wenn sie anschließend durch beide Gesellschafter unterzeichnet wurden. Für die Gründung der GbR gab es zunächst keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag. Im Zuge einer früheren Betriebsprüfung forderte der Betriebsprüfer die Gesellschafter auf, das bei Gründung der GbR Vereinbarte schriftlich festzuhalten. Dieser Aufforderung kamen CB und der Kläger durch Gesellschaftsvertrag vom 18.6.2002 nach. Im Rahmen der nachträglich abgefassten Vereinbarung über die Gewinnverteilung wurde angegeben, dass dem Gesellschafter CB ein jährlicher Vorabgewinn von 480.000 DM (später 240.000 €) und dem Kläger ein jährlicher Vorabgewinn von 120.000 DM (später 60.000 €) zustehen sollte. Für den weiteren Gewinn war eine hälftige Teilung zwischen den Gesellschaftern schriftlich fixiert.
Die seitens des Beklagten erlassenen Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften 2000-2005 ergingen zunächst erklärungsgemäß.
Am 20.2.2006 wurde das Gesellschaftsverhältnis durch den Kläger im Streit gekündigt und die GbR in zwei Einzelpraxen aufgeteilt. Im Zuge der Trennung kam es zu Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Kläger und CB über den Gewinn, die Gewinnverteilung und die Auseinandersetzung. Diese Streitigkeiten führten zu einem noch laufenden Zivilprozess vor dem Landgericht (Az. …).
Der Kläger erstattete am 28.8.2007 eine Selbstanzeige, da in den Streitjahren insbesondere einige Handwerkerleistungen für sein Privathaus als Betriebsausgaben der GbR verbucht worden waren (Blatt 7 des Aktenordners des Beklagten „CB”). Am 23.10.2007 folgte die Selbstanzeige des Mitgesellschafters CB. Dieser erklärte, dass Einnahmen der GbR nicht zutreffend angegeben und Betriebsausgaben zu Unrecht angesetzt worden seien. Daraufhin führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung eine Fahndungsprüfung für die Jahre 2000-2005 durch.
Die Steuerfahndung traf unter anderen folgenden Feststellungen:
Ziff. 22 a): Auf zwei Privatkonten von CB bei der Bank (Nr. 1 ) bzw. Sparkasse (Nr. 2 bzw. ab dem 1.5.2004: Nr. 3) wurden folgende Honorareingänge festgestellt:
Jahr |
Betrag |
Davon per Lastschrift |
Davon per Gutschrift |
2001 |
66.522,23 DM |
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2002 |
31.128,31 € |
17.730,00 € |
400,00 € |
2003 |
63.509,36 € |
35.500,00 € |
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2004 |
50.564,80 € |
27.900,00 € |
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2005 |
21.660,00 € |
11.400,00 € |
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Herr CB löste ab dem 9.5.2001 auf diesen Konten Mandantenschecks der GbR zur Gutschrift ein. Ab dem 22.10.2002 wurden auch Lastschriften von Mandanten der G...