Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 99/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tabaksteuerrecht; allgemeines Steuerrecht: Auch ein Steuerschuldner kann Haftungsschuldner gemäß § 71 AO sein
Leitsatz (amtlich)
1. Steuerschuldner nach § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG ist auch derjenige, der die Zigaretten vom Verbringer oder Versender übernimmt (Anschluss an BFH VII R 44/11).
2. Haftungsschuldner gemäß § 71 AO kann auch der Steuerschuldner sein (Bestätigung von FG Hamburg, Beschl. vom 18.11.2016, 4 V 142/16).
Normenkette
TabStG § 23 Abs. 1 S. 2; AO § 71
Nachgehend
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Haftungsbescheids über Tabaksteuer sowie eines Abgabenbescheids über Einfuhrumsatzsteuer.
Im Zuge von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen die gesondert verfolgten A und B wurden am 16.02.2016 aufgrund richterlicher Anordnung die Kellerräume des vom Antragsteller betriebenen Hotels "C" in der X-Straße in ... D durchsucht. Hierbei wurden in einem Kellerraum insgesamt 275.560 Stück Zigaretten ohne deutsche Steuerzeichen aufgefunden und sichergestellt. Davon trugen 22.860 Zigaretten keine, 800 Zigaretten tschechische und 60 Zigaretten polnische Steuerzeichen. Die übrigen Zigaretten trugen ukrainische Steuerzeichen.
Im Hinblick auf diese Zigaretten setzte der Antragsgegner mit Haftungsbescheid über Tabaksteuer vom 14.09.2016 (XXX) Tabaksteuer in Höhe von 43.019,87 € fest. Da sie keine deutschen Steuerzeichen trügen, sei die Tabaksteuer nicht entrichtet. Die Tabaksteuer sei entweder durch Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder durch den erstmals zu gewerblichen Zwecken gehaltenen Besitz entstanden. Schuldner der Steuer sei der unbekannte Dritte, der den Steuerentstehungstatbestand verwirklicht habe. Der Antragsteller habe durch den Schlüssel, den er bei der Durchsuchung bei sich getragen habe, Zugang zu dem Kellerraum gehabt, in dem die Zigaretten aufgefunden worden seien. Außerdem seien dort Gegenstände, die für einen Hotelbetrieb nötig seien, sowie weitere geschäftliche und persönliche Unterlagen des Antragstellers gelagert gewesen. Der Antragsteller habe daher die Zigaretten zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten. Außerdem habe er hierdurch Steuerhehlerei begangen oder an einer solchen Tat teilgenommen, so dass er für die von einem unbekannten Steuerschuldner hinterzogene Tabaksteuer hafte. Sofern weitere Steuer- oder Haftungsschuldner bekannt würden, werde der Antragsgegner das Auswahlermessen auch gegenüber diesen Personen ausüben.
Für 274.700 Zigaretten - die sichergestellte Menge abzüglich der 860 Zigaretten mit tschechischen und polnischen Steuerzeichen - setzte der Antragsgegner auf derselben tatsächlichen Grundlage mit Abgabenbescheid über Einfuhrumsatzsteuer vom 14.09.2016 (YYY) Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 11.026,94 € fest. Der Antragsteller sei - neben der Person, die die Waren ins Steuergebiet verbracht habe - gemäß § 21 Abs. 2 UStG i. V. m. Art. 202 Abs. 3, 3. Anstrich Zollkodex Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, weil er die Zigaretten erworben oder im Besitz gehabt habe, obwohl er zumindest hätte wissen müssen, dass sie vorschriftswidrig verbracht worden seien. Fremdbesitz reiche insoweit aus.
Mit zwei im Übrigen gleichlautenden Schreiben vom 28.09.2016 legte der Antragsteller Einspruch gegen die Bescheide ein und beantragte jeweils die Aussetzung der Vollziehung. Er habe den Tatbestand des § 374 Abs. 1 AO nicht verwirklicht, weil er weder Einführer noch Verbringer oder Lieferant der Zigaretten sei. Er habe die Zigaretten nicht zum Weiterverkauf erworben oder zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten.
Er sei Inhaber eines Hotels, das unter der Woche hauptsächlich von Monteuren besucht werde. Erst ab 18:00 Uhr kümmere er sich um seinen Hotelbetrieb. Tagsüber gehe er einer anderen Tätigkeit nach. Er habe an den vermutlichen Steuerschuldner, einen serbischen Staatsbürger, ein Zimmer vermietet und ihm auf seine Bitte eine kurzzeitige Unterstellmöglichkeit für seine Waren zur Verfügung gestellt. Dies habe er getan, weil dieser ihm aus einem finanziellen Engpass geholfen habe. Den Kellerraum nutze er - der Kläger - nicht täglich. Zwar habe er beim Betreten des Kellerraums gesehen, was der Serbe dort untergestellt habe, und ihm seien Bedenken gekommen. Er habe jedoch Angst vor dieser Person gehabt und darauf gehofft, dass er die Ware entfernen würde. Verfügungsgewalt über die Zigaretten habe er keine gehabt.
Die Telefonüberwachung habe keinen revisionssicheren Beweis dafür erbracht, dass er - der Antragsteller - den gesondert verfolgten A nach der Hausdurchsuchung angerufen habe. Er sei auch bei der vorangegangenen Observation nicht in Erscheinung getreten.
Mit Bescheid vom 10.11.2016 (RBL-1) lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids über Tabaksteuer ab, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids auf der Grundlage der Feststellungen des S...