Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von Polyester-Regeneratfasern
Leitsatz (amtlich)
Sprechen die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware (hier: Polyester-Regeneratfasern), insbesondere vor dem Hintergrund der konkreten Beschaffenheit des Materials, der Art der Herstellung sowie der Verwendungsmöglichkeiten, für eine Einreihung als synthetische Spinnfasern, so sind diese dann nicht in die Position für Abfälle von Chemiefasern einzureihen.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 12 Abs. 2; ErlKN Pos. 5503; ErlKN Pos. 5505
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Tarifierung von Polyester-Regeneratfasern.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Zolllagers des Typs D und lagerte im eigenen Namen für Rechnung der A GmbH in Wien Polyester-Regeneratfasern ein. Sie überführte mit 9 Zolllagerzugangsbelegen im Zeitraum von Mai bis September 2001 als "Polyesterregenerate, Abfälle aus synthetischen Chemiefasern" bezeichnete und mit der Codenummer 5505 1030 000 angemeldete, aus Südkorea und Indonesien stammende Ware in das Zolllagerverfahren.
Das zuständige Zollamt nahm Proben und ließ diese durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) Hamburg und in einem Fall durch die ZPLA Frankfurt überprüfen. In ihren Einreihungsgutachten kamen die ZPLAen zu dem Ergebnis, es handele sich jeweils um "Polyester-Spinnfasern, weder gekrempelt noch gekämmt, noch anders für die Spinnerei bearbeitet" und stellten die Codenummer 5503 2000 900 fest. Es handele sich nicht um Abfall im Sinne der Position 5505, da die Ware sich als einheitliches Produkt ohne Verschmutzungen und Farbunterschiede darstelle.
Daraufhin änderte das seinerzeitige Hauptzollamt Hamburg-... die anerkannten oder zugelassenen Bemessungsgrundlagen mit Bescheiden vom 27.8.2001 (Az. .../01 und .../01) und vom 6.12. 2001 (Az. .../01).
Am 14.9.2001 bzw. am 20.12.2001 legte die Klägerin Einspruch ein.
Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten nahm die ZPLA Frankfurt mit Schreiben vom 11.1.2002 ergänzend Stellung. Darin bestätigt sie ihr ursprüngliches Gutachten nach erneuter Überprüfung.
Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 27.2.2002 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 18.3.2002 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, bei den streitgegenständlichen Regeneratfasern handele es sich um ein reines Abfallverwertungsprodukt, da sie ausschließlich durch die Verarbeitung von Polyesterabfällen hergestellt würden. Auf Grund ihrer stets unterschiedlichen Beschaffenheit könnten sie nicht in der Textilindustrie zum Verspinnen eingesetzt werden. Sie bezieht sich auf ein Gutachten des Österreichischen Textil- und Forschungsinstituts vom 6.5.2001 ("Qualitätsvergleich von 1 A Polyester-Stapelfaser und Polyester-Regeneratfaserabfällen"), in dem festgestellt wird, dass die Polyester-Regeneratfasern keinesfalls als Spinnfasermaterial angesehen werden könnten. Weiter trägt Sie vor, Abfallverwertungsprodukte, die keine Reissspinnstoffe seien, könnten ebenfalls in die Position 55.05 eingereiht werden. Die vorliegende Regeneratfaser stelle ein Surrogat des heute nicht mehr üblichen Reissspinnstoffes dar. Dass die Faser durch eine Spinndüse gepresst werde, sei nicht entscheidend. Es komme für das Vorliegen einer Spinnfaser vielmehr auf das Ausgangsmaterial an, das in einer bestimmten Weise verarbeitet werde. Dass die Faser keine Merkmale von Abfall wie Verschmutzungen und Farbunterschiede aufweise, wie die ZPLA ausgeführt habe, werde bestritten. Das Gegenteil ergebe sich bereits aus dem eingereichten Gutachten. Anders als bei der Spinnfaser könne auch keine bestimmte textile Eigenschaft zugesichert werden, die Regeneratfaser könne im textilen Verarbeitungsbereich nicht verwendet werden. Ergänzend legt sie verbindliche Zolltarifauskünfte aus Frankreich, Belgien, Österreich und Irland sowie von der ZPLA Frankfurt vor, in denen im einzelnen bezeichnete Waren als Abfallfaser der Tarifposition 55.05 zugewiesenen werden.
Die Klägerin beantragt, die Änderungsbescheide vom 27.8.2001 (Az. .../01 und .../01) und vom 6.12.2001 (Az. .../01) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.2.2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es handele sich nicht um Abfälle, da diese sich dadurch auszeichneten, überhaupt nicht oder nur ungenügend verwertet werden zu können. Wenn Abfallverwertungsprodukte heutzutage tatsächlich Reissspinnstoffe ersetzen würden, wäre es Sache des Verordnungsgebers, entsprechende Änderungen herbeizuführen. Das eingereichte Gutachten sei nicht ergiebig. Es sei nicht erkennbar, dass das dort untersuchte Gut mit den von den ZPLAen untersuchten Proben identisch sei. Die in dem Gutachten festgestellten Fehler der Polyester-Regeneratfaserabfälle hätten bei den zollamtlich untersuchten Warenproben gerade nicht festgestellt werden können. Auf die verbindlichen Zolltarifauskünfte könne sie sic...