Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Kein Vorsteuerabzug aus formell nicht ordnungsgemäßen Rechnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Ohne Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteueridentifikationsnummer auf den Rechnungen des leistenden Unternehmers ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich.
2. Dies verstößt weder gegen Unions- noch gegen Verfassungsrecht.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 4 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 226 Nr. 3; RL 388/77/EWG Art. 22 Abs. 3 Buchst. b 6
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Dienstleistungen.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Für die Streitjahre 2003 bis 2005 wurde sie zunächst erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer veranlagt.
Im Rahmen einer im Jahr 2008 vorgenommenen Außenprüfung für die Jahre 2004 und 2005 wurde festgestellt, dass in der Buchhaltung der Klägerin Rechnungen der A ... GmbH (im Folgenden: A) enthalten waren, aus denen ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden war. Dabei handelt es sich um Rechnungen über monatliche Pauschalhonorare in Höhe von jeweils 5.000 € netto, über anteilige monatliche Reinigungskosten (jeweils 255 € netto), über monatliche Sonderleistungen (jeweils 358 €) und um die Weiterbelastung von Telefonkosten (Telekom und T-Mobile). Letztere sind für Telefonverträge entstanden, die auf B (im Folgenden: B) unter der Geschäftsanschrift der Klägerin lauteten (in einem Fall ist Rechnungsadressat der Telekom die C GmbH, ebenfalls unter der Geschäftsanschrift der Klägerin). Im Jahr 2004 war zudem eine Rechnung vom ... 2004 über die Weiterbelastung von Stromkosten (Anschlussinhaber bei der HEW war die C GmbH unter der Geschäftsanschrift der Klägerin) und im Jahr 2005 eine Rechnung über die Weiterbelastung von Kosten für Urlaubskarten vom 31. Oktober 2005 (Empfänger der Rechnung der Druckerei: B unter der Geschäftsanschrift der Klägerin) enthalten. Sämtliche Rechnungen der A weisen weder eine Steuernummer noch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aus.
Insgesamt ergeben sich folgende Rechnungsbeträge:
Jahr |
Nettorechnungssumme |
USt |
Summe |
2004 |
77.096,47 € |
11.855,44 € |
88.951,91 € |
2005 |
72.970,97 € |
11.675,35 € |
84.646,32 € |
Die Klägerin gab im Rahmen der Prüfung zur Erläuterung an, dass die Rechnungen der A für Dienstleistungen erfolgt seien, die die A gegenüber der Klägerin auf der Grundlage eines im Jahr 2003 mündlich abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags erbracht habe. Tatsächlich habe B die Dienstleistungen erbracht, der als Mitarbeiter der A tätig gewesen sei, die ein Büro in den Räumen der Klägerin gehabt habe. Mit Schriftsatz vom ... 2008 legte die Klägerin dem Beklagten einen schriftlichen Geschäftsbesorgungsvertrag vor, der nachträglich das mündliche Vereinbarte fixiere.
Danach beauftragt die Klägerin die A selbständig und eigenverantwortlich mit der Organisation der Kanzleiabläufe, der Auswahl der Hard- und Software, der Durchführung und Begleitung der Softwareentwicklung, der Bearbeitung von Mandantenbuchhaltungen, der Durchführung von Unternehmensberatungen bei Mandanten der Klägerin, der Bearbeitung einzelner steuerlicher Aufgaben und der Akquise von neuen Mandanten. Die Klägerin stellte der A die erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung, insbesondere einen eingerichteten Büroraum einschließlich EDV und Kommunikationsmittel. B sollte zum Empfang von Zahlungen für die A berechtigt sein. Die A hatte gegenüber Mitarbeitern der Klägerin ein Weisungsrecht. Für ihre Aufgaben sollte die A ein pauschaliertes monatlich berechnetes Honorar erhalten, dessen Höhe nicht aufgeführt worden ist.
Die A war ursprünglich als D Verwaltung GmbH gegründet worden. Mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom ... 2003 sollte die Firma auf A geändert werden. Diese Firmenänderung ist mangels Zahlung des Gerichtskostenvorschusses jedoch zunächst nicht in das Handelsregister eingetragen worden. Durch notariell beurkundeten Gesellschaftsbeschluss vom ... 2004 wurde die Firma der D Verwaltung GmbH erneut auf A geändert. Die Änderung ist am ... 2005 in das Handelsregister eingetragen worden. Die A gab nach Aktenlage keine Steuererklärungen ab. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der D Verwaltung GmbH und der A war E (im Folgenden: E).
Durch die Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Zahlungen der Pauschalhonorare nur anfänglich auf ein Konto der A erfolgt sind. Sie wurden bei der Klägerin auf ein Verrechnungskonto gebucht und sind im Wesentlichen durch Scheck- und Barzahlungen an B erfolgt. Die Klägerin hatte ferner Kosten, die der privaten Lebensführung von B zuzurechnen sind, wie etwa Beiträge zur privaten Krankenversicherung und die Miete für seine Privatwohnung, direkt an die Gläubiger gezahlt.
Der Beklagte ging nach der Außenprüfung davon aus, dass nicht die A, sondern B die Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht habe und deshalb umsatzsteuerlich als Unternehmer anzusehen sei. Rechnungsaussteller ...