Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verlängerung der gesetzlichen Zugangsvermutung
Leitsatz (redaktionell)
Die gesetzliche Vermutung des § 122 Abs. 2 AO (3-Tages-Vermutung) greift auch dann ein, wenn - etwa an einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertag als dem letzten Tag der Frist - nachweislich nicht die Möglichkeit einer Kenntnisnahme bestand, weil an diesem Tag keine Post ausgetragen wird.
Normenkette
BGB § 193; AO 1977 § 122 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.
Der Beklagte hatte am 26. September 2000 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen Firma K GmbH in C (GmbH) gestellt. Der Antrag wurde am 25. Januar 2001 mangels Masse abgewiesen.
Mit Haftungsbescheid vom 28. November 2000 wurde der Kläger für Steuerschulden der GmbH als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Im einzelnen ging es um Körperschaftsteuer 1992, Körperschaftsteuer 1993, Körperschaftsteuer 1994, Umsatzsteuer 1998, Umsatzsteuer-Vorauszahlung Januar 2000, März 2000, April 2000, Mai 2000 und Juni 2000 sowie Umsatzsteuer für 2000 sowie um insoweit angefallene steuerliche Nebenleistungen. Die Haftung wurde auf § 69 i. V. m. §§ 34, 35 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt. Durch die Verletzung der ihm obliegenden Zahlungspflicht habe der Kläger bewirkt, dass die rückständigen Ansprüche nicht erfüllt worden seien. Die darin liegende Pflichtverletzung sei als grob fahrlässig zu bewerten. Da der Kläger auf die Anfrage vom 12. Oktober 2000 betreffend die anteilmäßige Tilgung von Steuer- und sonstigen nicht reagiert habe, sei davon auszugehen, dass der Kläger trotz vorhandener Mittel die Steuerschulden der Gesellschaft nicht beglichen habe.
Mit dem Einspruch wurde angeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner lägen nicht vor. Dies werde im einzelnen noch vorgetragen. Der Einspruch richte sich gegen sämtliche Steuern, Zinsen und Solidaritätszuschläge, die im Haftungsbescheid aufgelistet seien.
Nachdem der Beklagte den Kläger zur näheren Begründung des Einspruches aufgefordert hatte, führte dieser nach wie vor lediglich aus, eine Begründung könne nicht abgegeben werden, weil im Haftungsbescheid nicht hinreichend begründet sei, warum der Kläger persönlich haften solle. Der Haftungsbescheid erwecke vielmehr den Anschein eines gewissen Automatismus, nach dem der Geschäftsführer in Fällen der Insolvenz einer Gesellschaft immer in Anspruch genommen werde. Die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Steuerschulden seien erst Jahre später im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt worden. Ferner sei ein Geldbetrag „nicht als außerordentliche Aufwendung” anerkannt worden, der durch Einbruchdiebstahl entwendet worden sei. Da der Haftungsbescheid sich mit diesen Einwendungen nicht auseinandersetze, sei er bereits deshalb rechtswidrig. Außerdem würden Umsatzsteuerbeträge aus dem Jahr 2000 in die Haftung einbezogen, obwohl diese erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien. Auch insoweit scheide eine Haftung aus.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2001 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Ausweislich der Verfügung wurde die Einspruchsentscheidung noch am Donnerstag, dem 19. Juli 2001 zur Post gegeben und an den Prozessbevollmächtigten des Klägers als Empfangsbevollmächtigten abgesandt. Gleichzeitig lehnte der Beklagte auch den Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides ab. Die vom Kläger im Klageverfahren übersandte Kopie der Einspruchsentscheidung ist mit einem Eingangsstempel des Prozessbevollmächtigten vom Montag dem 23. Juli 2001 versehen.
Mit einem am 23. August 2001 beim Beklagten eingegangenen Schreiben legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage ein und beantragte, den Haftungsbescheid vom 28. November 2000 in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2001 aufzuheben. Eine weitere Begründung enthielt die Klageschrift nicht. Da die Klage trotz Aufforderung nicht begründet wurde, forderte das Gericht den Kläger mit Verfügung vom 31. Oktober 2001 gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung dieser Verfügung den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Das Schreiben enthielt auch eine Belehrung über die Folgen eines Fristversäumnisses und wurde dem Prozessbevollmächtigten ausweislich der Postzustellungsurkunde am 7. November 2001 zugestellt.
Der Kläger reagierte auf die Ausschlussfristsetzung mit einem am 28. November 2001 bei Gericht eingegangenem Schreiben. Darin führte er aus, Gegenstand des Klagebegehrens sei die vollständige Aufhebung des Haftungsbescheids. In diesem Haftungsbescheid werde der Kläger wegen Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer sowie Säumniszuschlägen aus dem Zeitraum 1992 bis 1994 in Anspruch genommen und wegen Umsatzsteuer,...