Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechsel der Gewinnermittlung von der Einnahme-Überschuss-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Wahlrecht der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung oder durch Betriebsvermögensvergleich wird durch tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung ausgeübt.
2) Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart darf nicht ohne ausreichenden Grund willkürlich erfolgen.
3) Der Übergang von der Einnahme-Überschuss-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich ist nur zu Beginn des Wirtschaftsjahres zulässig. Voraussetzung ist eine zeitnah zu Beginn des Wirtschaftsjahres erstellte Eröffnungsbilanz und die Einrichtung entsprechender Bestandskonten im laufenden Jahr.
4) Nicht angefochtene Feststellungen eines einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheids erwachsen in Teilbestandskraft.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihr Wahlrecht, den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, für das Streitjahr zulässigerweise und wirksam ausgeübt hat.
Die Klägerin betreibt seit dem 1.01.1992 ein Architekturbüro in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschafter dieser GbR sind Herr Dipl.-Ing. X sowie Herr Dipl.-Ing. Y. Sie ist hervorgegangen aus dem von Herrn Dipl.-Ing. X als Einzelpraxis geführten Architekturbüro. Seit Ende der 80'er Jahre ist das Büro hauptsächlich mit der Bauleitung bei Großbauvorhaben beschäftigt. Die GbR erzielt ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Bis zum Jahr 1993 einschließlich ermittelte sie ihren Gewinn unstreitig nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund einer Einnahmen-Überschussrechnung.
Für das Streitjahr 1994 wurde am 11.06.1996 eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG vorgelegt, die einen Verlust von 4.392.926,99 DM und einen Übergangsverlust von 94.038,53 DM auswies. Die Eröffnungsbilanz, in der der Übergangsverlust ermittelt wurde, wurde erst nach Aufforderung durch das Finanzamt am 2.09.1996 eingereicht. Die Bilanz enthält den Hinweis, dass auf die Ermittlung der unfertigen Arbeiten, Forderungen und weiteren sonstigen Verbindlichkeiten verzichtet worden sei, da diese den Übergangsverlust nur zusätzlich erhöhten. Die gemäß Abschnitt 17 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) erforderlichen Zu- und Abrechnungen wurden nicht vorgenommen.
Das Finanzamt führte die einheitliche und gesonderte Feststellung zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) durch.
Im Mai 1997 wurde bei der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1994 eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt, deren Feststellungen im Bp-Bericht vom 5.12.1997, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, festgehalten worden sind. Nunmehr wurde ein wirksamer Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht mehr anerkannt, da sich nach den Feststellungen des Betriebsprüfers die Buchführung der Klägerin im Vergleich des Streitjahres 1994 mit den Vorjahren nicht verändert habe. Insbesondere sei keine debitorische und kreditorische Buchführung eingerichtet worden. Es seien zwar Forderungs- und Leistungsstandlisten geführt worden, diese seien jedoch nicht in die laufende Buchführung eingearbeitet worden, sondern erst in die Jahresabschlussarbeiten eingeflossen. Eine doppelte Buchführung im eigentlichen Sinne habe damit im laufenden Geschäftsjahr nicht vorgelegen. Damit habe die Klägerin auch die Ausübung des Wahlrechts hin zu einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nicht dokumentiert. Die Eröffnungsbilanz, deren Erstellungszeitpunkt die Bp ausdrücklich offenließ, sei außerdem wegen der ausgelassenen Positionen unvollständig.
Gegen den daraufhin erlassenen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 11.12.1997 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, die durchaus positive Geschäftsentwicklung habe zu einem Geschäftsvolumen geführt, das eine größere Übersichtlichkeit und Transparenz der Vermögensverhältnisse erforderlich gemacht habe. Im Laufe des Jahres 1993 sei daraufhin beschlossen worden, die Aufzeichnungen neu zu organisieren, um einen besseren Überblick über Auftragsbestand und Vermögensbestand für Zwecke der innerbetrieblichen Planung, insbesondere des Personalbedarfs, zu gewinnen. Diese erweiterten Aufzeichnungen hätten auch dafür nutzbar gemacht werden sollen, einen Jahresabschluss zu erstellen, um auch eine periodengerechte Zuordnung des Gewinns zu ermöglichen. Hierfür sei der Jahreswechsel 1993/1994 ins Auge gefasst worden, weil zu diesem Zeitpunkt die Probezeit des neuen Systems abgeschlossen sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt habe man sich in der Lage gesehen, die hierfür notwendigen Aufzeichnungen organisatorisch in der Buchhaltung zu bearbeiten. Die Buchführung sei zu diesem Zeitpunkt wie folgt eingerichtet gewesen: Die Einnahmen und Ausgaben seien mittels elektronischer Datenverarbeitung...