rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert nicht verbundener Klageverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1) Werden mehrere Klageverfahren aus Gründen tatsächlicher Vereinfachung nur zu einem Erörterungstermin geladen und erörtert, ohne dass eine Verfahrensverbindung gemäß § 73 Abs. 1 FGO erfolgt, kann zur Bestimmung der Erörterungsgebühr keine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte der selbständigen Klageverfahren zu einem Gesamt-Gegenstandswert erfolgen.
2) Aus der gemeinsamen Verhandlung mehrerer Sachen in einem Termin kann nicht auf eine konkludente Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung bzw. Erörterung geschlossen werden.
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4; FGO § 73 Abs. 1
Tatbestand
I. Der Erinnerungsgegner hatte gegen den Erinnerungsführer, der nach seiner Ansicht als Subunternehmer im Bereich des …- und … in erheblichem Maße steuerpflichtige Einkünfte erzielt bzw. Umsätze ausgeführt und die daraus entstandenen Steuern verkürzt hatte, für die Jahre 0000 bis 0000 entsprechende Bescheide erlassen. Der Erinnerungsführer hatte gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 0000 bis 0000 im Verfahren 7 K 7609/01 geklagt und gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 0000 bis 0000 im Verfahren 7 K 7608/01.
Der zuständige Berichterstatter erörterte beide Verfahren gemeinsam im Erörterungstermin vom 00.00.0000, ohne allerdings einen ausdrücklichen Verbindungsbeschluss zu erlassen oder auszusprechen; die Niederschrift des Erörterungstermins enthält im Kopf beide Aktenzeichen.
Die Ladungsverfügung zur mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 führt im Kopf zwar beide Verfahren auf, bis zu diesem Zeitpunkt war eine Verbindung der Verfahren jedoch noch nicht erfolgt, und zwar auch nicht zur gemeinsamer Verhandlung. Erst durch einen in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 verkündeten Beschluss wurden die Verfahren 7 K 7608/01 und 7 K 7609/01 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (GA Bl. 252).
Sämtliche Bescheide wurden mit einheitlichem Urteil vom 00.00.0000 unter Zurückstellung von Bedenken aufgehoben, weil nach Ansicht des Gerichts ein Auftreten des Klägers als selbstständiger Unternehmer nicht festzustellen war.
Der Gegenstandswert in der Einkommensteuersache betrug unstreitig … DM, der in der Umsatzsteuersache knapp … DM.
Auf dieser Grundlage beantragte der Bevollmächtigte, die zu erstattenden Kosten im Verfahren 7 K 7608/01 unter Berücksichtigung einer Prozessgebühr und einer Erörterungsgebühr von jeweils … DM auf insgesamt … DM und die Kosten im Verfahren 7 K 7609/01 unter Berücksichtigung einer Prozessgebühr und einer Erörterungsgebühr von jeweils … DM auf … DM festzusetzen.
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 00.00.0000 wurden die zu erstattenden Kosten nur auf insgesamt … DM (entsprechend … EUR) festgesetzt. Dabei folgte der Kostenbeamte dem Grunde nach dem Antrag des Bevollmächtigten, berücksichtigte aber insgesamt nur eine Erörterungsgebühr, die er auf der Basis eines für beide Verfahren zusammengerechneten Streitwerts mit … DM ermittelt hatte, weil die Erörterung für beide Verfahren mit „einer gemeinsamen Ladung und gemeinsamen Protokoll” durchgeführt worden sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers macht geltend, die zu erstattenden Kosten seien auf der Grundlage von getrennten Erörterungsgebühren in den jeweiligen Verfahren zu ermitteln, weil die Verbindung zur gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung erst in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 erfolgt sei. Die bloße Vermutung, dass eine Verbindung zu einer gemeinsamen Erörterung erfolgt sei, habe im Gesetz keine Grundlage. Es habe sich dementsprechend nicht um eine Erörterung über denselben Gegenstand gehandelt.
Der Erinnerungsgegner führt aus, dass nur eine Erörterungsgebühr geltend gemacht werden könne, wenn in derselben Sache nur ein Erörterungstermin wahrgenommen werde.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist begründet. Werden mehrere Klageverfahren aus Gründen der tatsächlichen Vereinfachung nur zu einem Erörterungstermin geladen und erörtert, ohne dass eine Verfahrensverbindung gemäß § 73 Abs. 1 FGO erfolgt, kann zur Bestimmung der Erörterungsgebühr keine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte der selbständigen Klageverfahren zu einem Gesamt-Gegenstandswert erfolgen.
1. Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erhält der Rechtsanwalt – neben der Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) – eine volle Gebühr für die mündliche Verhandlung (Verhandlungsgebühr) und nach Nr. 4 der Vorschrift ebenso für die Erörterung der Sache, auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Beilegung (Erörterungsgebühr). Die Entstehung einer Erörterungsgebühr dem Grunde nach ist zwischen den Beteiligten unstreitig; streitig ist lediglich die Höhe der Gebühr.
2. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert des Verfahrens (§§ 7, 11 BRAGO). Im Streitfall hat der Kläger von seiner Befugnis nach § 43 FGO Gebrauch gemacht und in den Verfahren 7 K 7608/01 und 7 K 7609/01 mehrere Klagebegehren betreffend Einkommensteuer bzw. Umsatzsteuer in jewe...