Entscheidungsstichwort (Thema)
Flug- und Fahrtkosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
1) Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anfallende Flug- und Fahrtkosten, die ein Ehegatte aufwendet, um den anderen Ehegatten an dessen Beschäftigungsort aufzusuchen, sind keine Aufwendungen für Familienheimfahrten i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG.
2) Ein Abzug dieser Aufwendungen kommt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Betracht, setzt aber voraus, dass der andere Ehegatte aus beruflichen Gründen an einer Familienheimfahrt gehindert ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 5
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Flug- und Fahrtkosten des Klägers als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung der Klägerin.
Die Kläger haben im Jahr 2002 geheiratet. Ihre Familienwohnung befindet sich in K. Sie unterhalten dort einen gemeinsamen Hausstand. Der Kläger ist als Architekt und Bausachverständiger in K selbständig tätig. Die Klägerin war in den Streitjahren (wie auch in der Zeit davor) als leitende Angestellte bei der F-Versicherung in H nichtselbständig tätig. Während der Woche bewohnte die Klägerin in H eine ihr gehörende Wohnung mit einer Größe von 109 qm.
Im Juli 2003 wurde für die Klägerin vom Versorgungsamt H eine Behinderung von 50 % festgestellt. Diese beruhte auf drei Bandscheibenvorfällen und einem Herzinfarkt.
Bei den Steuerveranlagungen und den sich anschließenden Einspruchsverfahren der Jahre 2003 und 2004 machte die Klägerin Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Diese bestanden im Wesentlichen aus Flugkosten für Flüge zwischen H und P oder S, Fahrtkosten mit dem Pkw zwischen den Wohnungen in K und H, Fahrtkosten mit dem Pkw zu den Flughäfen H, P und S und Kosten für die Wohnung der Klägerin in H. Während die Fahrten mit dem Kraftfahrzeug zwischen den Wohnungen in H und K ausschließlich von der Klägerin durchgeführt wurden (im Jahr 2003 fünf Besuche und im Jahr 2004 sechzehn Besuche), wurden die Flüge nur zum Teil von der Klägerin und im Übrigen von dem Kläger durchgeführt. Während die Klägerin im Jahr 2003 achtzehn mal und im Jahr 2004 sechzehn mal hin und zurück flog, besuchte der Kläger die Klägerin im Jahr 2003 sechzehn- und im Jahr 2004 zweimal. Das Finanzamt (FA) erkannte die Unterkunfts-, Fahrt- und Flugkosten der Klägerin in beiden Streitjahren im Wesentlichen an, während es die Flugkosten (einschließlich der Kosten für die Anfahrten zu den Flughäfen) des Klägers nicht berücksichtigte. Die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung der Klägerin anerkannten Werbungskosten betrugen im Jahr 2003 11.930 EUR und im Jahr 2004 11.710 EUR.
Die Nichtanerkennung der Kosten des Klägers als Werbungskosten der Klägerin begründete das Finanzamt (FA) damit, dass zwar bei verheirateten Arbeitnehmern, die aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führten, durch Familienheimfahrten entstehende Kosten grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten abzugsfähig seien, weil die berufliche Veranlassung solcher Fahrten regelmäßig im Vordergrund stehe. Der Begriff der Familienheimfahrt setze nach seinem Wortlaut und Sinngehalt aber voraus, dass der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort zu seiner Familie am Wohnort fahre. Eine Familienheimfahrt liege dagegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort von seinem Ehegatten oder anderen Familienangehörigen besucht werde.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Berücksichtigung der Flug- und Fahrtkosten des Klägers für Familienheimfahrten (sog. umgekehrte Familienheimfahrten) als Werbungskosten der Klägerin.
Die strittigen Familienheimfahrten verursachten folgende Kosten:
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2003 |
2004 |
a) Flugkosten |
4.851,99 EUR |
1.022,63 EUR |
b) Fahrtkosten Flughafen H |
158,40 EUR |
19,80 EUR |
c) Fahrtkosten Flughafen K |
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von P |
327,60 EUR |
0,00 EUR |
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von S |
100,80 EUR |
52,50 EUR |
Gesamtkosten |
5.438,79 EUR |
1.094,93 EUR |
Die Kläger machen geltend, die Klägerin sei aus beruflichen Gründen gehindert gewesen, alle Familienheimfahrten selbst durchzuführen.
Für die Bewältigung der Reisestrecke H – K sowie auch umgekehrt, sei eine Reisedauer von mindestens fünf Stunden je Fahrt/Flug zu unterstellen. Hieraus folge, dass bei vorhandenen zwei Wochenendtagen sich bereits eine Reisezeit von rund neun bis zehn Stunden je Wochenende ergäbe. Dies sei für die einzelne Person als Dauerbelastung nicht verkraftbar. Die berufliche Leistungsfähigkeit würde durch eine so intensive Reisetätigkeit gemindert. Beruflich sei es der Klägerin auch nicht möglich gewesen, jede Woche die Wochenarbeitszeit zu verkürzen, da dies letztendlich auch zu Leistungsdefiziten geführt hätte. Ein ständiges „früher gehen und später anfangen” wäre sicherlich auch nicht der beruflichen Fortentwicklung dienlich gewesen.
Der Kläger sei deshalb – im Wechsel – zu der Klägerin nach H gefahren. Es seien die gleichen Kosten entstanden, die auch bei einer Familienheimfa...