Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Halbabzugsverbot für durch Einnahmen aus der Anteilsveräußerung geminderten Auflösungsverlust, sofern niemals Ausschüttungen erfolgten. Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes nach § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Der aus der Insolvenz einer GmbH entstandene Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 EStG unterliegt, nach dem zu keiner Zeit offene oder verdeckte Ausschüttungen erfolgt sind, auch dann nicht dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG, wenn nachträglich aus der Veräußerung der GmbH-Anteile verlustmindernde Einkünfte erzielt werden.
2. Veräußert der Insolvenzverwalter einer GmbH noch im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den gesamten Geschäftsbetrieb der GmbH auf einen Betriebserwerber, so dass die Geschäftsanteile der GmbH, die nur noch als sog. Hülle ohne eigenes Anlage- und Umlaufvermögen anzusehen ist, wertlos sind, ist der Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 EStG bereits in diesem Jahr entstanden.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2, 4, § 3c Abs. 2, § 3 Nr. 40 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
Abweichend vom Einkommensteuerbescheid 2006 vom 21. Februar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. August 2009 wird die Einkommensteuer dahingehend festgesetzt, dass ein Veräußerungsverbot i.H.v. Euro und Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 0,00 Euro angesetzt werden.
Die Kosten des Verfahrens tragen zu 1/3 die Kläger und zu 2/3 der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … Euro.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist (1.) der Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) und (2.) der Zufluss von Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. v. § 18 EStG streitig.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammenveranlagt.
Die Klägerin überwies am 07. Mai 1993 einen Betrag i. H. v. … DM an die Mitarbeiter-Beteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts der KGW Schweriner Maschinenbau GmbH (im Folgenden GbR), deren Mitglied Nr. … sie war.
Die Klägerin erwarb durch notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag am 23. Dezember 1998 (Urkunden-Nr. …/19 der Notarin …) zwei Geschäftsanteile i. H. v. insgesamt … DM zum Kaufpreis von … DM an der KGW Schweriner Maschinenbau Abwicklungsgesellschaft mbH i. L. (im Folgenden GmbH), eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Schwerin unter HRB …. Durch weiteren notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag am 15. Juni 2000 (Urkunden-Nr. …/20 der Notarin …) erwarb die Klägerin einen weiteren Geschäftsanteil an der GmbH im Nominalwert von … DM zum Kaufpreis von … DM.
Durch weiteren notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 18. September 2000 (Urkunden-Nr. …/20 der Notarin H.) erwarb die Klägerin einen Geschäftsanteil an der GmbH i. H. v. … DM von der GbR ohne die Zahlung eines weiteren Kaufpreises.
Nach der durch Gesellschafterbeschluss vom 20. November 2001 beschlossenen Währungsumstellung und Glättung der Nominalhöhe des Stammkapitals der GmbH betrug der Anteil der Klägerin daran … EUR entsprechend 49,8 %.
Für die Anteilserwerbe hatte die Klägerin Notargebühren in einer Gesamthöhe von … DM zu entrichten.
Durch Vertrag vom 21. Mai 1999 beteiligte sich die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH (im Folgenden M.) mit … DM an der GmbH als stille Gesellschafterin. Gemäß § 5 des Vertrages nahm die M. mit ihrer Einlage am Verlust der GmbH nur im Falle der Insolvenz teil. Gemäß § 9 Abs. 1 des Vertrages garantierte die Klägerin der M. durch Mitunterzeichnung dieses Vertrages, dass von der Einlage … DM darauf entfallendes rückständiges Beteiligungsentgelt und das Agio nach Auflösung der stillen Gesellschaft von der Klägerin an die M. bezahlt wird. Dieser Vertrag gelangte am 13. Dezember 2002 durch Rückzahlung der Beteiligungsmittel durch die GmbH zur Erledigung.
Auf den Eigenantrag der GmbH vom 18. September 2006 eröffnete das Amtsgericht Schwerin durch Beschluss vom 01. November 2006 in dem Verfahren 584 IN 101/06 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH und bestellte Herrn Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter. Das Insolvenzverfahren dauert an.
Durch notariellen Geschäftsanteilskaufvertrag vom 27. Dezember 2007 (Urkunden-Nr. …/20 des Notars Biermann-Ratjen) veräußerte die Klägerin ihre Geschäftsanteile an der GmbH zum Kaufpreis von … EUR an Herrn J. W. und die W. G.. Durch Nachtrag vom 29. Februar 2008 (Urkunden-Nr. …/20 des Notars Biermann-Ratjen) veränderten die Vertragsparteien der Urkunden-Nr. …/20 die Vereinbarung dahin, dass es sich bei dem in jener Urkunde genannten Kaufpreis um einen Mindestkaufpr...