Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur zolltariflichen Einreihung von Fingerhandschuhen, die speziell zum Reiten getragen werden. Einseitig angeraute, mit einer Kunststoffschicht überzogene Spinnstoffwaren
Leitsatz (redaktionell)
Dem EuGH wird gem. Art. 234 Unterabs. 2 des Vertrages zur Gründung der EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist die Unterposition 3926 2000 der Kombinierten Nomenklatur in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11.9.2003 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif dahingehend auszulegen, dass hiervon auch solche Spinnstoffwaren erfasst werden, die einseitig angeraut und mit einer Kunststoffschicht überzogen sind, aber denen keine über eine bloße Verstärkung hinaus gehende Funktion zukommt, sondern bei denen das Rauen ausschließlich der besseren Haftung der Kunststoffschicht dient und nach der Fertigstellung der Ware für den Verwender nicht mehr wahrnehmbar ist (vgl. auch Erläuterung 56.6 zum Harmonisierten System betreffend Kapitel 39 der Kombinierten Nomenklatur)?
Normenkette
KN UPos. 3926 2000; KN UPos. 6116 1080; EWGV 2658/87 Anh. 1; EGV 1789/2003; EG Art. 234 UAbs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 Unterabs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist die Unterposition 3926 2000 der Kombinierten Nomenklatur in der Fassung der Verordnung (EG)v Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABI (EG) Nr. L 281 vom 30. Oktober 2003) dahingehend auszulegen, dass hiervon auch solche Spinnstoffwaren erfasst werden, die einseitig angeraut und mit einer Kunststoffschicht überzogen sind, aber denen keine über eine bloße Verstärkung hinaus gehende Funktion zukommt, sondern bei denen das Rauen ausschließlich der besseren Haftung der Kunststoffschicht dient und nach der Fertigstellung der Ware für den Verwender nicht mehr wahrnehmbar ist (vgl. auch Erläuterung 56.6 zum Harmonisierten System betreffend Kapitel 39 der Kombinierten Nomenklatur)?
2. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Vorabentscheidungsfrage ausgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin vertreibt Handschuhe, unter anderem auch die beiden Reithandschuh-Modelle mit den Artikelnummern … und …. Diese Handschuh-Modelle, die als Fünffingerhandschuhe gearbeitet sind, bestehen aus einem Verbundmaterial aus einem Gewirke und einer Kunststoffschicht. Zu dessen Herstellung wird die Trägerschicht aus textilem Gewirke einseitig angeraut und die angeraute Seite anschließend vollständig mit einer Schaumbeschichtung aus Polyurethan überzogen. Die zur Haut des Handschuhträgers hin gewandte Seite des Gewirkes wird nicht angeraut.
Die Oberfinanzdirektion – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt erteilte der Klägerin für das Handschuh-Modell … am 3. August 2000 die verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) … und reihte den Handschuh in die Unterposition 6116 10 80 der Kombinierten Nomenklatur (KN) ein. Die von der Klägerin dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht mit Urteil vom 14. August 2003 (Az. 6 K 1657/01 Z) im Wesentlichen deshalb rechtskräftig ab, weil das für die Herstellung des Handschuhs verwendete Gewirke nach der Überzeugung des Gerichts nicht lediglich der Verstärkung der Kunststoffschicht dient, weil es sich um eine durch Rauen weitergehend bearbeitete Spinnstoffware handele.
Am 10. Januar 2005 gab die Klägerin für den Abrechnungszeitraum Dezember 2004 eine ergänzende Zollanmeldung zur Überführung von verschiedenen Handschuhen in den zollrechtlich freien Verkehr mit insgesamt 16 Positionen ab, wobei sie die unter den Positionen 1, 3, 5, 9, 10 und 15 angemeldeten Handschuhe in die Unterposition 6116 10 80 KN (Zollsatz 7,1 %) einreihte. Aufgrund dessen setzte das Hauptzollamt (HZA) gegen die Klägerin mit Einfuhrabgabenbescheid vom 10. Januar 2005 Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 58.753,24 EUR (41.784,29 EUR Zoll und 16.968,95 EUR Einfuhrumsatzsteuer) fest.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie später auf die Handschuh-Modelle 3301208 und 3301-233 (Positionen 1 und 5 der ergänzenden Zollanmeldung) beschränkte. Darauf entfallen Einfuhrabgaben von insgesamt 31.797,59 EUR (9.315,19 EUR Zoll und 22.482,40 EUR Einfuhrumsatzsteuer). Den Einspruch wies das HZA mit der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2006 im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück: Bei dem Handschuh-Modell 3301-233 bilde der Zellkunststoff die Außenseite und sei dünner als das Gewirke. Das Gewirke sei dicht, weil die Abstände zwischen den einzelnen Garnen geringer seien als der Durchmesser der im Gewirke verwendeten G...