Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungskosten von Renten- und Kapitallebensversicherungen. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden im Zusammenhang mit der Vermittlung einer sog. Sicherheits-Kompakt-Rente unüblich hohe Kreditvermittlungs- und Abwicklungsgebühren bezahlt, ist zunächst der vollständige Inhalt der Provisionsvereinbarung zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen Vertragspartnern zu ermitteln und zu prüfen, ob sich aus ihm Faktoren für die Ermittlung der Darlehensgebühr ergeben. Ferner ist zu ermitteln, ob bezüglich der Provisionen Vereinbarungen zwischen den Provisionsempfängern einerseits und den Versicherungen oder der kreditierenden Bank andererseits bestanden (Anschluss an BFH-Urteil vom 30.10.2001 VIII R 29/00, BFH/NV 2002, 268).
2. Führen die Ermittlungen nicht zu einer eindeutigen Aufteilung der Gebühren in Werbungskosten und Anschaffungskosten der Versicherungen, muss geschätzt werden. Hier Schätzung der Werbungskosten (Kreditvermittlungsgebühren) in Anlehnung an die bei Baufinanzierungen üblichen Gebühren mit 2 % der Kreditsumme.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 22 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 6
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 3.3.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.3.2000 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer nach Maßgabe der Urteilsbegründung neu zu errechnen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1/4, der Beklagte zu 3/4.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Streitig ist, in welcher Höhe die Kläger Aufwendungen als Werbungskosten abziehen können, die im Zusammenhang mit einer sogenannten „Sicherheits-Kompakt-Rente” angefallen sind. Dieses Anlagemodell der… (S-Gruppe) sieht den Abschluss von drei verschiedenen Versicherungen vor.
Zunächst schlossen die Kläger bei der ABC-Versicherung eine Leibrentenversicherung gegen Einmalbeitrag ab (Versicherungsbeginn: 1.12.1997). Die Leibrente wurde im Versicherungsvertrag in Höhe von 15 190 DM jährlich garantiert. Die garantierte Rentenzahlung erhöhte sich um eine von den Überschüssen der Versicherung abhängige, also abänderbare, Überschussrente von anfänglich 8 810 DM, so dass am ersten Fälligkeitstermin (1.12.1998) 24 000 DM Rente anfielen. Die Rente sollte bis zum Tod beider Kläger, mindestens aber 15 Jahre lang, laufen.
Ferner schlossen die Kläger – ebenfalls gegen einen Einmalbeitrag – bei der DBE Lebensversicherung eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht (Versicherungsbeginn: 1.12.1997). Die Versicherung garantierte ab dem 1.12.2009 eine lebenslängliche Rente von 66 863 DM jährlich oder eine Kapitalabfindung in Höhe von 1 051 861 DM. Ferner stellte die Versicherung nach Angaben der S-Gruppe im Falle einer Kapitalabfindung eine über die Mindestgarantie hinausgehende Überschussbeteiligung von 525 427 DM in Aussicht. Nach dem Gesamtkonzept sollte von dem Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht und im Dezember 2009 der Kredit getilgt werden, der zur Finanzierung des Konzepts notwendig war.
Zur Finanzierung der nötigen Zahlungen schlossen die Kläger mit der X-Bank (Schweiz) am 29.12.1997 einen Kreditvertrag, auf den im Einzelnen verwiesen wird. Der Kredit wurde in japanischen Yen gewährt und belief sich auf umgerechnet 1 130 766 DM. Der Zinssatz war bis zum 30.11.2007 unveränderlich. Mit dem Buchungstag 29.12.1997 leistete die X-Bank folgende Zahlungen:
ABC-Versicherung (= Rentenversicherung): |
338 553 DM |
DBE-Versicherung (= Tilgungsversicherung): |
692 838 DM |
… GmbH (W-GmbH) |
|
Kreditvermittlungsgebühr und Abwicklungsgebühr |
59 931 DM |
Summe |
1 091 322 DM |
Das im Kreditvertrag vereinbarte Disagio betrug 10 % (113 077 DM), so dass sich eine Kreditauszahlung in Höhe von nur 1 017 689 DM ergab. Soweit die Auszahlungen in Höhe von 1 091 322 DM die Nettokreditsumme überschritten (73 633 DM) stammten die Gelder aus Eigenmitteln der Kläger.
Zur Absicherung der Klägerin und des Bankkredits im Falle des vorzeitigen Todes des Klägers schloss der Kläger ferner eine Risikolebensversicherung bei der A.-Versicherung ab. Die jährlichen Versicherungsbeiträge waren aus seinem Eigenkapital zu bezahlen.
Mit der Einkommensteuererklärung 1997 machten die Kläger bei den sonstigen Einkünften Werbungskosten in Höhe von 45 169 DM und bei den Kapitaleinkünften in Höhe von 125 394 DM geltend. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), berücksichtigte diese Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 3.3.1999 nicht. In der Einspruchsentscheidung vom 16.3.2000 half das FA dem Einspruch teilweise ab und setzte die Einkommensteuer auf 69 504 DM herab. Dabei ging das FA davon aus, dass die Gewinnerzielungsabsicht be...