Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei nicht unerheblichem eigenen Vermögen der unterhaltsberechtigten Lebensgefährtin kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG
Leitsatz (redaktionell)
Dass der Steuerpflichtige die Unterhaltszahlungen an seine Lebensgefährtin, die auch Mutter eines gemeinsamen Kindes ist und der gegenüber er zivilrechtlich unterhaltsverpflichtet ist, nicht nach § 33a Abs. 1 EStG steuermindernd geltend machen kann, wenn die Lebensgefährtin nicht unwesentliches eigenes Vermögen besitzt, ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1 Sätze 1-3; GG Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; BGB § 1615l Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin, Frau AB, und der gemeinsamen, 1998 geborenen Tochter C.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2001 setzte der Beklagte (Finanzamt) die Einkommensteuer 2000 auf 11.377 DM fest.
Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2002). Das Finanzamt ging bei seiner ablehnenden Entscheidung davon aus, dass Frau AB nicht unwesentliches eigenes Vermögen besitze und deshalb eine Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen des Klägers gem. § 33 a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht in Betracht komme.
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet: Der angefochtene Bescheid verstoße gegen Art. 6 Grundgesetz (GG) und Art. 124 Abs. 1, 125 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Bayerische Verfassung. Bei der Besteuerung des Familieneinkommens werde nicht berücksichtigt, dass auch die Mutter von diesem Einkommen unterhalten werden müsse. Die Steuer werde wie für einen Alleinstehenden mit Kind festgesetzt. Art. 6 GG lege fest, dass die Familie unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Dieser Schutz erstrecke sich auch auf nichteheliche Familien. Die Familie werde nicht zuletzt deshalb vom Grundgesetz geschützt, weil sie besonders schutzbedürftig sei. Insbesondere seien ihre Möglichkeiten der Einkommenserzielung durch Erwerbstätigkeit gegenüber denen von kinderlosen Lebensgemeinschaften stark eingeschränkt, da ein Kind zu betreuen sei. Dazu komme, dass mit diesem Kind auch zusätzliche Kosten entstünden. Es ergebe sich schon aus einer sittlichen Verpflichtung, dass das Einkommen des erwerbstätigen Elternteils auch zum Unterhalt des wegen Kindesbetreuung nicht erwerbstätigen Elternteils heranzuziehen sei, so dass es keine Rolle spiele, ob auch ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch bestehe. Mit der Kindererziehung werde ein Beitrag zur Erhaltung und zum Wohlergehen der Gesellschaft geleistet.
Indem die Familie gegenüber dem Staat eine geschützte Einheit darstelle, sei auch das „Familieneinkommen” einheitlich zu besteuern. Das bedeute, dass bei der Besteuerung des Einkommens des erwerbstätigen Elternteils zu berücksichtigen sei, dass mit diesem Einkommen auch der Unterhalt der Mutter zu gewährleisten sei. Eine getrennte Besteuerung, die den erwerbstätigen Elternteil wie einen Alleinstehenden mit Kind behandle und den nicht erwerbstätigen Elternteil darauf verweise, zum Unterhalt sein Vermögen heranzuziehen, verstoße gegen Art. 6 GG. Dies gelte nicht nur für Fälle, in denen kein oder nur geringes Vermögen vorhanden sei, sondern auch für Fälle, in denen das Vermögen nicht gering sei, da Art. 6 nicht nur für arme Familien gelte, sondern für alle Familien, unabhängig von den Vermögensverhältnissen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht der Familienarbeit (Kinderbetreuung, Haushaltsführung) den gleichen Stellenwert wie der Berufstätigkeit eingeräumt habe. Daraus folge, dass bei der Besteuerung der Familie zu berücksichtigen sei, dass das Einkommen des erwerbstätigen Elternteils nur deshalb erzielt werden könne, weil der nicht erwerbstätige Elternteil die Familienarbeit übernommen habe. Wegen Art. 6 GG müsse es der Familie freigestellt sein, welche Aufgabenverteilung sie wählt, ohne dass ihr dadurch Nachteile entstehen. Eine Regelung, die bei vorhandenem Vermögen die Familienarbeit außer Acht lasse und den nicht erwerbstätigen Elternteil darauf verweise, er möge von seinem Vermögen leben, erfülle diese Anforderung nicht. Die Anwendung des § 33 a EStG, insbesondere des Abs. 1 Satz 3, auf Familien sei somit verfassungswidrig.
Die besondere Situation der Familie erfordere wegen Art. 6 GG auch einen besonderen Steuertatbestand, durch den der Lebensunterhalt bzw. das Existenzminimum des betreuenden Elternteils sichergestellt werde. Der Haushaltsfreibetrag stelle keine solche Regelung dar. Die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse hätten sich im Laufe der Zeit geändert. Ehe und Familie seien nicht mehr quasi identisch, sondern die nichteheliche Familie stelle einen der ehelichen Familie gesellschaftlich gleichgestellten und anerkannten alternativen Normalfall dar. Das EStG trage ...