Entscheidungsstichwort (Thema)
Atypische stille Gesellschaft und Mitunternehmerinitiative
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Erledigung des Einspruchsverfahrens tritt dann ein, wenn die Behörde dem Antrag des Einspruchsführers u. a. durch Änderung des Bescheids in vollem Umfang entspricht. Ob dies der Fall ist, ergibt ein Vergleich zwischen dem Antrag im Einspruchsverfahren und der Regelung im Abhilfebescheid.
2. Eine ausreichende Mitunternehmerinitiative ist erst dann gegeben, wenn dem stillen Gesellschafter nicht nur die Rechte nach § 233 HGB, sondern zumindest im Umfang eines Kommanditisten Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte zustehen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a, §§ 179, 365 Abs. 3, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a; HGB §§ 230, 233; FGO § 74
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 2004 als atypisch stiller Gesellschafter an der inzwischen nicht mehr existenten XY-GmbH […GmbH] beteiligt war.
Der Kläger, ein österreichischer Staatsangehöriger, wohnt in Österreich. Mit Vertrag vom 22. Dezember 2003 hatte er mit der GmbH vereinbart, dass er sich an dieser mit einer Einlage in Höhe von 100.000 EUR als stiller Gesellschafter beteiligt. Hinsichtlich der einzelnen Vereinbarungen wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Vertrag Bezug genommen. Eine Anzeige an das Finanzamt über die Gründung einer stillen Gesellschaft erfolgte nicht. Mitte des Jahres 2004 stellte die GmbH Insolvenzantrag. Infolge Masseunzulänglichkeit wurde das Insolvenzverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts vom [… Herbst] 2008 eingestellt. Am […] 2009 ist die GmbH wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden (vgl. Handelsregisterauszug).
Am 6. August 2007 war für die stille Gesellschaft beim Finanzamt für das Jahr 2003 eine nur vom Kläger unterzeichnete Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung eingereicht worden, in der die Gesellschaft als atypisch still bezeichnet und ein Verlust in Höhe von 191.606,16 EUR erklärt wurde. Von diesem Verlust wurde dem Kläger in der Erklärung ein Anteil in Höhe von 99.469 EUR zugeteilt.
Nach einer entsprechenden Aufforderung durch das Finanzamt legte der Kläger im Besteuerungsverfahren als Nachweis für die tatsächliche Erbringung der Einlage in Höhe von 100.000 EUR die Kopie eines Auszugs des Kontos der GmbH bei der [… Bank] für den Zeitraum 3. bis 5. November 2003 mit u. a. dem Wortlaut „0511 Einzahlung 50.000,00” vor. Des Weiteren legte er die Kopie einer Eingangsbestätigung derselben Bank vom 16. Januar 2004 über die Einlieferung eines Schecks über 50.000 EUR vor. Außerdem waren Kopien von handschriftlichen Notizen vom 4. November 2003 bzw. 16. Januar 2004 beigefügt, in denen die GmbH-Gesellschafter […] XX bzw. YY den Erhalt von jeweils 50.000 EUR auf die stille Beteiligung des Klägers bestätigten.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 hatte das Finanzamt den Erlass des beantragten Feststellungsbescheides für 2003 mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 180 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) abgelehnt. Die Feststellung sei analog § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO mangels steuerlicher Bedeutung im Inland abzulehnen, denn die Gesellschaft sei bereits beendet. Für den Kläger sei keine steuerliche Auswirkung der Verlustfeststellung erkennbar. Außerdem bestünden erhebliche Zweifel an dem tatsächlichen Bestehen der atypisch stillen Gesellschaft. Dass die an die Gesellschaft geflossenen Zahlungen als Einlagen des Klägers im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung bestimmt waren, sei nicht nachgewiesen.
Weder das gegen diesen Bescheid durchgeführte Einspruchsnoch das im Anschluss durchgeführte Klageverfahren hatten Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 4. September 2008 sowie Urteil des Finanzgerichts München vom 26. Oktober 2010 unter 12 K 3198/08).
Im Urteil vom 26. Oktober 2010 ging das Gericht davon aus, dass der Kläger nach den vertraglichen Bestimmungen nicht als Mitunternehmer anzusehen sei und das Finanzamt daher mangels gemeinschaftlicher Einkunftserzielung zutreffend die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2003 für eine GmbH atypisch stille Beteiligung abgelehnt habe. Die gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 26. Oktober 2010 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 27. Juli 2011 wegen verspäteter Begründung als unzulässig verworfen.
Am 2. September 2009 ging beim Finanzamt für die GmbH atypisch stille Beteiligung eine wiederum nur vom Kläger unterschriebene Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 2004 ein, in der für...