Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerfreiheit für die Bereitstellung medizinischen Personals
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Krankenhaus, das einem Dritten gegen Entgelt medizinisches Personal zum Betrieb eines „MEDmobils” zur Verfügung stellt, führt damit weder mit dem Betrieb einer Einrichtung nach § 4 Nr. 16 UStG 2005 eng verbundene Umsätze aus noch erbringt es selbst Heilbehandlungen i. S. v. § 4 Nr. 14 UStG 2005.
2. § 4 Nr. 14 UStG und § 4 Nr. 16 UStG schließen sich gegenseitig aus. Bei Leistungen außerhalb von Krankenhäusern oder vergleichbaren Einrichtungen ist (nur) § 4 Nr. 14 UStG einschlägig.
3. Die Überlassung von Personal kann zwar grundsätzlich in engem Zusammenhang mit Heilbehandlungen eines Dritten stehen. Daraus kann jedoch kein Anspruch auf Steuerfreiheit hergeleitet werden, da weder § 4 Nr. 14 S. 1 UStG 2005 noch der bei der Auslegung dieser Vorschrift zu berücksichtigende Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der RL 77/388/EWG – im Unterschied zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der RL 77/388/EWG – eine Bezugnahme auf Umsätze enthalten, die „mit ärztlichen Heilbehandlungen eng verbunden” sind.
Normenkette
UStG 2005 § 4 Nrn. 14, 16; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. b; UStAE Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 6
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob es sich bei der Bereitstellung medizinischen Personals durch die Klägerin um steuerfreie Leistungen handelt.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1999 gegründete Klägerin betreibt eine Vorsorge- und Rehabilitationsklinik. Mit Bescheinigung vom 13. Juni 2006 des Finanzamts Z wurde der Klägerin bescheinigt, dass die ausgeführten Umsätze der Klinik überwiegend (ca. 95 %) der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) unterliegen.
Der jetzige Geschäftsführer und ärztliche Leiter der Klägerin (Dr. G) schloss am 31. März 1999 mit dem Verein V einen Rahmenvertrag über die Erbringung medizinischer Dienstleistungen in der Gesundheitsvorsorge und Krankheitsverhütung.
Nach § 1 dieses Vertrages sollte der Verein im Rahmen der Gesundheitsberatung (Krankheitsverhütung) den Krankenkassen, die im Verein Mitglied sind, ein mobiles Untersuchungsfahrzeug und ärztliche Dienstleistungen anbieten, um Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Arbeitsbedingungen gewinnen zu können – im Rahmen des § 20 SGB V. Auf dieser Grundlage bot Dr. G dem Verein als Dienstleistung an, Ärzte sowie medizinisches Hilfspersonal für das sog. „MEDmobil” im Rahmen medizinischer Reihenuntersuchungen, die grundsätzlich im Umfeld der jeweiligen Arbeitsplätze stattfinden sollten, zur Verfügung zu stellen.
Der Vertrag von 1999 wurde nicht auf die Klägerin umgeschrieben. Entsprechende Vereinbarungen der Klägerin mit dem Verein über die Nutzung des MEDmobils in den Folgejahren erfolgten nur mündlich.
Die für das MEDmobil erbrachten Leistungen rechnete die Klägerin zum Teil gegenüber dem Verein und zum Teil gegenüber den im Verein organisierten (Mitglieds-)Krankenkassen oder auch unmittelbar gegenüber den Arbeitgebern ab. So stellte die Klägerin im Jahr 2007 der X BKK, die Mitglied des Vereins war, für die personelle Betreuung des MEDmobils einen Betrag in Höhe von insgesamt 144.635,– EUR in Rechnung. Dem Verein wurde für die personelle Betreuung des MEDmobils sowie für Reisekosten und Fahrtage des Personals in 2007 ein Betrag von insgesamt 39.297,– EUR in Rechnung gestellt. Für durchgeführte Hautscreenings wurden der Y BKK 1.600,– EUR und der R AG 21.600,– EUR in Rechnung gestellt.
Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Klägerin im Zusammenhang mit den MEDmobil-Umsätzen eine Leistung durch Gestellung von Ärzten und medizinischem Hilfspersonal erbracht habe, die nicht gemäß § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei sei, weil es sich bei dem Verein nicht um eine andere Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 16 UStG handle (vgl. Tz. C. 6.2 des Prüfungsberichts vom 22. März 2010).
Der Beklagte (das Finanzamt) setzte unter Übernahme der Prüfungsfeststellungen mit Änderungsbescheiden vom 28. Mai 2010 unter Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze für 2006 um 89.717,– EUR und für 2007 um 133.144,– EUR die Umsatzsteuer für 2006 auf 27.452,96 EUR und für 2007 auf 53.901,97 EUR herauf.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2012 als unbegründet zurück.
Mit der Klage wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
Die Klägerin habe zwar keine nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfreien Umsätze erbracht. Bei der Tätigkeit der Klägerin habe es sich vielmehr um steuerfreie Heilbehandlungen i. S. v. § 4 Nr. 14 UStG gehandelt. Die vom medizinischen Personal der Klägerin erbrachten Leistungen hätten Heilbehandlungscharakter gehabt. Das MEDmobil sei als „rollendes Diagnosezentrum” tätig gewesen. Arbeitge...