Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendungen einer GmbH an ihren mittelbar beteiligten Geschäftsführer ohne Wissen der übrigen Gesellschafter der die Beteiligung vermittelnden Personengesellschaft sind keine vGA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verschafft sich ein Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen einer GmbH, ist der Anscheinsbeweis für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann erschüttert, wenn der Geschäftsführer zwar einem Gesellschafter nahesteht, diesem die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers aber nicht bekannt sind und auch nicht in seinem Interesse erfolgen.

2. Voraussetzung für die Zurechnung als vGA beim Gesellschafter ist zudem, dass der Gesellschafter diesen Vermögensvorteil der nahestehenden Person auch zuwenden wollte.

3. Eine vGA liegt nicht vor, wenn die Zahlungsabflüsse auf Ebene der Kapitalgesellschaft und die Zahlungszugänge auf dem Konto des mittelbar beteiligten Gesellschafters weder von einem Zuwendungswillen der die Beteiligung vermittelnden Personengesellschaft getragen noch in deren Interesse waren.

4. Ein Wille der die Beteiligung vermittelnden Personengesellschaft zur Zuwendung liegt nicht vor, wenn nur der Begünstigte als nahestehende Person Kenntnis von den Zahlungsvorgängen gehabt hat und die übrigen Gesellschafter, denen letztlich die vGA auf Ebene der Gesellschaft zuzurechnen gewesen wäre, nicht über den Geschehensablauf informiert waren.

5. Es gibt keine Rechtspflicht des Gesellschafters einer GmbH zur sorgfältigen Überwachung des Geschäftsführers.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.10.2014; Aktenzeichen VIII R 22/11)

 

Tenor

1. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die G GmbH i.G. für die Jahre 1997 und 1998 jeweils vom 11. August 2005 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 Finanzgerichtsordnung).

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die G GmbH i. G. (G) in den Streitjahren verdeckte Gewinnausschüttungen und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat und diese dem Kläger zu Recht als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen sind.

I.

Mit notariellem Vertrag vom 06. Juni 1997 gründete der Kläger zusammen mit Herrn C.F. und der I Co. Ltd S. (I-LTD…) die G GmbH (G). Das Stammkapital sollte durch Sacheinlagen erbracht werden. Der Kläger sowie Herr F. leisteten ihre Einlagen, indem sie jeweils ihren 50 % Anteil an der A. GmbH (A.), die I-LTD… indem sie ihre 100 % Beteiligung an der I Co. Germany GmbH (I-Germany) einbrachten.

Am 17. April 1998 stellte die I-Germany Konkursantrag. Die Konkurseröffnung wurde vom Amtsgericht L., Konkursgericht, mit Beschluss vom 02. November 1998 abgelehnt. Da nunmehr die Werthaltigkeit der Stammeinlage nicht nachgewiesen war, lehnte das Amtsgericht M., Registergericht, die Anmeldung zur Eintragung der G in das Handelsregister ab.

In den Jahren 1998 bis 2005 (Prüfungsanordnungen vom 03. Februar 1998 und 02. August 2002) wurden beim Kläger Außenprüfungen durchgeführt, in deren Verlauf die Fachprüfer für Auslandsbeziehungen der Oberfinanzdirektion und die Steuerfahndungsstelle S. hinzugezogen wurden. Die Prüfdienste stellten neben weiteren Sachverhalten fest, dass der Kläger ein Festgeldkonto mit der Nummer … bei der Bank (BANK) in P. unterhalten hat. Auf diesem Konto ging am 10. Februar 1998 ein Betrag von … DM ein. Außerdem veranlasste der Kläger, dass ein weiterer Betrag von … DM in zwei Teilbeträgen am 31. März 1998 und am 01. April 1998 auf ein Konto (Nummer …) der s.r.o. überwiesen wurde.

Die Ermittlungen hinsichtlich der Herkunft dieser Beträge ergaben, dass der Kläger am 17. Oktober 1997 und am 01. November 1997 das Inkassobüro Sch. im Namen der I-LTD… beauftragt hatte, bei deren Tochtergesellschaft, der I-Germany Forderungen einzuziehen. Das Inkassobüro Sch. sollte laut Auftrag des Klägers dabei insgesamt … DM von der I-Germany erhalten. Nach den Feststellungen der Prüfdienste erfolgte die Beauftragung ohne Wissen der Begünstigten I-LTD… Die beizutreibenden Gelder gingen in drei Zahlungsabschnitten beim Inkassobüro Sch. ein.

Der erste Teilbetrag in Höhe von … DM wurde aufgeteilt in zwei Zahlungen am 17. November 1997 zunächst auf das Inkassokonto überwiesen, von dort weiter auf ein Konto der Bank2 Ltd. in S. und nach Abzug von Bankspesen wieder zurück auf das Inkassokonto, auf dem letztlich wieder … DM gutgeschrieben wurden. Daraufhin stellte das Inkassobüro Sch. einen Scheck über … DM aus und übergab diesen am 15. Dezember 1997 dem Kläger. Dieser Betrag wurde im Anschluss zunächst einem Ko...

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