rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung des Antrags auf gesonderte Verlustfeststellung auf den 31.12.1990
Tenor
- Der Bescheid vom 12.06.1992 und die Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 werden aufgehoben. Das Finanzamt wird verpflichtet, die Verluste des Klägers aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gesondert festzustellen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
- Die Revision wird zugelassen.
- Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
- Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
Der Kläger betrieb in den Jahren 1985 bis 1990 eine Kälbermästerei im Lohnmastverfahren. Die Verluste aus dieser Tätigkeit beliefen sich nach den Erklärungen des Klägers auf insgesamt 365.009 DM. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte diese Verluste wegen fehlender Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit gemäß § 15 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) im Rahmen der Einkommensteuer (ESt)-Veranlagungen 1985 bis 1990 nicht.
Mit Schreiben vom 18.05.1992 beantragte der Kläger beim FA, die Verluste aus den Jahren 1985 bis 1990 in Höhe von insgesamt 365.009 DM auf den 31.12.1990 gesondert festzustellen.
Mit Bescheid vom 12.06.1992 lehnte das FA den Antrag auf gesonderte Feststellung ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 22.06.1992 Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 als unbegründet zurückgewiesen.
Das FA vertrat darin die Ansicht, es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung, die Verluste des Klägers aus dem Kälbermastbetrieb gesondert festzustellen. Nach § 179 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) würden Besteuerungsgrundlagen abweichend von § 157 Abs. 2 AO nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen gesondert festgestellt. Mangels einer Spezialvorschrift, wie z.B. des § 15 a Abs. 4 EStGA komme hier allein eine gesonderte Feststellung gemäß § 10 d Abs. 3 Satz 1 EStG in Betracht. Diese Vorschrift umfasse jedoch nur die Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte nicht ausgeglichen würden und deren Ausgleich oder Abzug nicht ausgeschlossen sei. Abziehbar sei nur der Betrag, der sich bei Zusammenrechnung der positiven und negativen Einkünfte aller Einkunftsarten unter Berücksichtigung aller Hinzurechnungs- und Abzugsbeträge ergebe, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte anzusetzen seien. Daraus folge, daß § 10 d Abs. 3 EStG nicht die gesonderte Feststellung des Verlustes aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung erfasse. Eine analoge Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht, da dafür keine gesetzliche Grundlage gegeben sei. Ein Anspruch auf gesonderte Feststellung sei auch nicht aus der Tatsache abzuleiten, daß der Bundesfinanzhof die Einkünfte aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung als besondere Untergruppe bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ansehe.
In seiner Klage vertritt der Kläger die Ansicht, die Pflicht des FA zur gesonderten Feststellung der Verluste des Klägers aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung folge aus der gesetzgeberischen Anordnung des § 15 Abs. 4 Satz 2 EStG, wonach die Verluste „nach Maßgabe des § 10 d EStG” die Gewinne des Steuerpflichtigen in vorangegangenen und späteren Wirtschaftsjahren minderten. Mit der Änderung des § 10 d EStG im Rahmen des Steuerreformgesetzes 1990 sei der sogenannte verbleibende Verlustabzug im Rahmen des § 10 d Abs. 3 EStG erstmals von Amts wegen gesondert festzustellen. Diese verfahrensrechtliche Regelung finde über den Verweis aus § 15 Abs. 4 Satz 2 EStG auch auf die nicht ausgeglichenen Verluste aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung Anwendung.
Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 30.04.1993 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
- unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 12.06.1992 und der Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 das beklagte Finanzamt für verpflichtet zu erklären, die Verluste des Klägers aus gewerblicher Tierzucht aus den Veranlagungszeiträumen 1985 bis 1990 auf den 31.12.1990 gesondert festzustellen;
- dem beklagten Finanzamt die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen;
- die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das beklagte FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt das FA in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auf die Ausführungen in der angegriffenen Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 Bezug.
Der Senat entscheidet auf Anregung des Klägers durch Gerichtsbescheid (§ 90 a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Ablehnung des vom Kläger beantragten Verwaltungsaktes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 FGO).
Der Beklagte ist gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 EStG i.V...