Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgabe von Geschenk- bzw. Warengutscheinen keine entgeltliche Warenlieferung - Einlösung der Gutscheine durch deren Inhaber keine Warenlieferung an den Ausgeber der Zertifikate - Kein Handeln der Gutscheininhaber namens und für Rechnung des Gutscheinausgebers (=Rechnungsnehmers)
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Übergabe von Geschenk- oder Warengutscheinen führt als bloßer Tausch von Zahlungsmitteln nicht zu einer entgeltlichen Warenlieferung.
2) Zur Frage der Stellvertretung bei Einlösung der Gutscheine durch deren Inhaber.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 1; BGB § 263 Abs. 1, § 807; UStG § 15
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Vorsteuer aus Geschenkgutscheinen bzw. aus der Lieferung der darin enthaltenen Waren.
Die Klägerin (Klin) betreibt einen Sportartikelhandel. Sie erwarb von der Firma E 90 Geschenkgutscheine. Der Text der Gutscheine lautet:
„Geschenkgutschein
Warenzertifikat
Betrag
Ausstellungsdatum
Filiale
Unterschrift Filialleitung
Dieses Warenzertifikat berechtigt Sie, sich bei E aus dem vorhandenen Sortiment Waren bis zum angegebenen Gesamtwert für Rechnung des Rechnungsnehmers auszusuchen. E handelt im Namen des Rechnungsnehmers”.
Auf der linken Seite ist außer einer Werbung für E in großen Buchstaben der Name der Klin mit dem Werbezusatz „******” aufgedruckt.
Auf der Rückseite findet sich nochmals die Aufschrift Geschenkgutschein bzw. Warengutschein. Außerdem ist der Zusatz enthalten: „Dieses Warenzertifikat kann in allen E Filialen international ausschließlich gegen Ware eingelöst werden. Bei Verlust dieses Warenzertifikats ist kein Ersatz möglich.”
In der Rechnung vom 21.09.99 über die Gutscheine ist die USt gesondert ausgewiesen. Grundlage dieser Gutscheine ist eine sog. Rahmenvereinbarung. Diese Rahmenvereinbarung ist auf der Rückseite der Rechnung vom 21.09.99 (Bl. 49 GA) abgedruckt. Wesentlicher Inhalt ist, dass durch den Erwerb der Gutscheine ein Kaufvertrag zwischen E und der Klin zustande kommt und sich die Klin bei der Auswahl der Waren gem. § 263 Abs. 1 BGB durch jeden Inhaber des Gutscheins bei dessen Vorlage vertreten lassen kann (§ 2 der Rahmenvereinbarung). Die Übereignung der ausgesuchten Waren erfolgt nach der Auswahl durch E an die Klin. Danach ist E ermächtigt, sich im Namen der Klin mit dem Inhaber des Gutscheins zu einigen, dass das Eigentum an den ausgesuchten Waren auf ihn übergeht (§ 3 der Rahmenvereinbarung). Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird hierauf Bezug genommen.
Die Klin hat die Gutscheine an aussen stehende Dritte, aber auch an eigene Mitarbeiter verteilt. Die Einlösung der Gutscheine erfolgte ohne Ausweis von USt. Auf dem Kassenzettel ist dabei ausgedruckt:
Filiale E |
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Artikel |
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Summe Eur. |
GUTS. EINL. |
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ggf. Rückgeld |
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Muster derartiger Kassenbelege finden sich auf Bl. 76 GA und auf Bl. 60 GA.
In einer berichtigten USt-Erklärung 1999 hat die Klin diese Vorsteuer geltend gemacht. Am 17.2.2003 hat E eine Schlussrechnung über die Lieferung von Artikel in 1999 mit gesondert ausgewiesener USt von 560,88 DM erteilt.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) lehnte den Vorsteuerabzug ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 06.10.2000) verfolgt die Klin ihr Begehren weiter. Sie meint, sie habe einen Anspruch auf die Vorsteuer. Sie hat zunächst vorgetragen, der Leistungsaustausch gem. § 15 UStG liege in der entgeltlichen Lieferung des Gutscheins. Der Gutschein selbst sei Gegenstand der entgeltlichen Warenlieferung. Die Gutscheine als Warenzertifikate hätten aus Marketinggründen einen eigenen Wert als Werbeträger. Deshalb komme den Gutscheinen nicht lediglich die Bedeutung eines Beweismittels (Quittung) zu. Auch aus § 2 Abs. 1 des Rahmenvertrages (Pflicht für E zur Abgabe von Waren im Wert des im Gutschein ausgewiesenen Betrages; Verbot der Rückgabe von Bargeld) folge, dass mit den Gutscheinen ein eigenständiger Leistungsaustausch bewirkt werde und nicht nur ein Tausch von Zahlungsmitteln vorliege. Das werde zudem deshalb dadurch bestätigt, dass die Gutscheine bei E mit bis zu 35 % Rabatt erworben und dann mit Aufschlag weiter vermarktet werden. Aus diesem Grunde stehe – anders als bei Telefonkarten – die Erbringung der Verfügungsmacht an den Gutscheinen im Vordergrund. Im Übrigen liege ein Rechtsverkauf vor, wenn man die Rahmenvereinbarung außer Acht lasse.
Aber auch dann, wenn man die Gutscheine als bloße Quittung ansähe, wäre ihre Berechtigung zum Vorsteuerabzug gegeben. Dieser Anspruch folge aus der Rechnung E vom 17.02.2003 über die in 1999 gelieferten Artikel. Sie – die Klin – sei Leistungsempfängerin, weil sie sich bei der Auswahl der Waren habe vertreten lassen. Sie habe die für ihr Unternehmen gelieferten Waren sofort an Dritte bzw. ihre Arbeitnehmer weitergegeben. Das werde auch dadurch bestätigt, dass E nur zu ihr – der Klin – in Leistungsbeziehung stehe. Damit stehe ihr die Vorsteuer aus der Lieferung der Waren zu. Den Vorsteuerabzug hat sie betragsmäßig eingeschränkt, weil auc...