Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anscheinsbeweis der Privatnutzung eines betrieblichen Pkw durch den Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Der Anscheinsbeweis, dass ein vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellter Pkw auch für private Zwecke genutzt wird, ist nicht widerlegt, wenn die theoretische und praktische Möglichkeit von Privatfahrten nicht durch eine entsprechende organisatorische Gestaltung von Seiten des Arbeitgebers ausgeschlossen ist und der Arbeitgeber auch die Einhaltung des von ihm mündlich verfügten Verbots von Privatfahrten nicht sicherstellt.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2, 2 Sätze 2-4, § 6 Abs. 1
Gründe
Streitig ist, ob ein geldwerter Vorteil durch ein Firmenfahrzeug entstanden ist.
Die Klägerin (Klin) ist eine GmbH. Zum Betriebsvermögen gehören 3 Pkw. Ein Mercedes C 200 wird vom Sohn der Gesellschafter (…) für betriebliche Fahrten genutzt. Der Firmensitz befindet sich in der …. Dort befindet sich auch die Garage für diesen Pkw. Der Sohn … wohnt in dem Haus mit der Hausnummer …. Es handelt sich dabei um ein Doppelhaus. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass für diesen Pkw ein Fahrtenbuch nicht geführt wurde, vgl. Anlage 2 zum Bericht vom 23.05.2000. Der Prüfer sah darin einen geldwerten Vorteil, den er gemäß der 1% Regelung
mit |
1998 |
3.070 DM |
|
1999 |
7.368 DM |
|
2000 |
1.842 DM |
ansetzte. Gegen diese Prüfungsfeststellungen wurden keine Einwendungen erhoben.
Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Feststellungen des Prüfers und nahm die Klin durch Haftungsbescheid vom 26.05.2000 für die hierauf entfallenden Steuern in Anspruch.
Im Einspruchsverfahren ist die Haftung teilweise zurückgenommen worden.
Nach im Übrigen erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 02.08.2000) macht die Klin mit der Klage geltend, dass die Anforderungen der Finanzverwaltung im BdF-Schreiben in BStBl I 1996, 654 viel zu hoch angesetzt seien. Aus dem Anscheinsbeweis folge, dass die Klin als Arbeitgeber und der Sohn unterschiedliche Interessenlagen gehabt hätten. Da der Mercedes stets in der betrieblichen Garage abgestellt worden sei, habe eine größere Kontrollmöglichkeit bestanden. Außerdem sei dem Sohn nach seinem Arbeitsvertrag die private Nutzung des Dienstwagens untersagt gewesen. Dieser Vertrag sei ab 01.09.2000schriftlich abgefasst worden und enthalte das private Nutzungsverbot. Aus dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 09.09.1998 6 K 1949/94 folge, dass die Nachweisanforderungen durch ein Fahrtenbuch zu hoch seien.
Die Klin beantragt,
den Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid vom 26.05.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.08.2000 insoweit aufzuheben, soweit der geldwerte Vorteil aus der Nutzung des Pkw durch … betroffen ist.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es meint, ohne Fahrtenbuch sei die ausschließlich berufliche Nutzung des Mercedes objektiv nachvollziehbar darzulegen. Eine Beweisvorsorge durch Aufzeichnungen habe die Klin nicht getroffen. Sie habe auch nicht substantiiert vorgetragen, wie sie das Nutzungsverbot überwacht habe. Gegen eine solche Überwachung spreche auch die familiäre Beziehung zwischen den früheren Geschäftsführern der Klin und ihrem Sohn …
Der Senat hat die früheren Geschäftsführer der Klin als Zeugen gehört. Auf das Protokoll vom 14.11.2001 wird Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Steuerakten Bezug genommen.
Der Senat hat am 14.11.2001 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das FA hat zu Recht einen geldwerten Vorteil bejaht. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass eine das Fahrtenbuch ersetzende Kontrolle oder Organisation in den Streitjahren nicht vorhanden war.
Für den Regelfall bestimmt sich die Bewertung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines betrieblichen Pkw gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nach der 1 % – Regelung. Dabei handelt es sich um einen Anscheinsbeweis (vgl. BFH in BFH/NV 1999, 1330, 1331; Schmidt, EStG, 20. Aufl. § 8 EStG Rdr 60 = S. 751 m. w. N.). Etwas anderes gilt nur, wenn die private Nutzung durch ein Fahrtenbuch oder sonstige Umstände ausgeschlossen ist. Dies ist im Streitfall nicht der Fall. Aus den Gesamtumständen und den Aussagen der Zeugen ist ersichtlich, dass keine Kontrolle stattgefunden hat, durch die die private Nutzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen war.
Unstreitig ist kein Fahrtenbuch geführt worden. Auch die sonstige Organisation reicht nicht aus, um durch konkrete Maßnahmen oder durch Kontrollen die private Nutzung des betrieblichen Pkws mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Konkrete und nachvollziehbare Kontrollen des Benzinverbrauchs und des km-Standes sind nicht erfolgt. Auch ist durch niemanden kontrolliert worden, ob nur betriebliche Fahrten durchgeführt worden sind. Damit ist die theoretische oder praktische Möglichkeit von Privatfahrten ...