Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung wegen neuer Tatsache bei Ansparrücklage
Leitsatz (redaktionell)
1) Für den Gewinnabzug nach § 7g Abs. 6 EStG sind Tatsachen i. S. des § 173 Abs. 1 AO auch die Anschaffung von Wirtschaftsgütern vor dem Schluss des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres wie auch der Umstand, dass die Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts bis zum zweiten auf die Rücklagenbildung folgenden Wirtschaftsjahres unterblieben und deshalb die Rücklage aufzulösen und als Zuschlag (Betriebseinnahme) aufzulösen ist.
2) Wird die Rücklage im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung gebildet, obliegt dem Steuerpflichtigen in den Folgejahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
3) Hat der Steuerpflichtige mit besonderer Gewissenhaftigkeit bei der Gewinnermittlung und Abgabe der Steuererklärung dafür Sorge zu tragen, dass die Auflösung der Rücklage sichergestellt ist, ist das FA bei Verstoß gegen diese Verpflichtung auch dann zur Änderung fehlerhafter Bescheide berechtigt, wenn das FA durch eine gebotene Ermittlung bei Bearbeitung der Steuererklärung den Sachverhalt hätte ermitteln müssen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, § 7g; AO §§ 88, 90, 173 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Einkommensteuer (ESt)-Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändert werden konnte.
Der Kläger (Kl.) bezog aus seiner Tätigkeit als Investmentberater Einkünfte aus Gewerbebetrieb, seine Ehefrau Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für den Veranlagungszeitraum 2000 reichte er einen sog. Steuerbericht zu seinen gewerblichen Einkünften ein, in dem er einen Gewinn von … DM ermittelte. Bei den Betriebsausgaben war eine Position Ansparabschreibung in Höhe von 20.000 DM aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Der Beklagte (Bekl.) setzte unter Berücksichtigung der Ansparabschreibung als Betriebsausgabe mit Bescheid vom 19.12.2002 die ESt auf … EUR fest.
Für den Veranlagungszeitraum 2001 erklärten der Kl. und seine Ehefrau gewerbliche Einkünfte des Kl. in Höhe von … DM. Der Erklärung war wiederum ein „Steuerbericht” beigefügt, aus dem sich die Einnahmen und Ausgaben ergaben. Ein Anlagenverzeichnis war nicht beigefügt. Der Bekl. veranlagte wiederum erklärungsgemäß und setzte mit Bescheid vom 19.12.2002 die ESt auf … EUR fest.
Da für das Streitjahr 2002 zunächst keine Steuererklärung abgegeben wurde, wurden die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 16.03.2005 nach § 162 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geschätzt und beim Kl. ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von … EUR berücksichtigt. Die ESt wurde auf … EUR festgesetzt.
Der Kl. hat hiergegen mit seiner Ehefrau mit Schreiben vom 14.04.2005 Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die ESt-Erklärung in Kürze eingereicht werde. Die Erklärung wurde dann am 31.05.2005 eingereicht. Der Kl. und seine Ehefrau erklärten dabei Einkünfte des Kl. aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. … EUR. Bei der Ehefrau des Kl. wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … EUR erklärt, außerdem wurden Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an 330 Tagen von jeweils 25 km einfache Entfernung geltend gemacht. Der Bekl. hat die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf 230 Tage gekürzt und mit Bescheid vom 13.06.2005 die ESt auf … EUR festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Am 05.03.2008 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N. ein Strafverfahren gegen den Kl. ein, weil der Verdacht bestand, dass er in den Jahren 2005 – 2007 durch drei Handlungen, und zwar durch die Nichtabgabe der EStErklärungen 2004 bis 2006, den Bekl. über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch ESt verkürzt bzw. versucht habe zu verkürzen. Der Kl. ließ daraufhin erstmals durch einen Bevollmächtigten Steuererklärungen für 2004 bis 2006 nebst Gewinnermittlungen und Anlageverzeichnisse sowie für die Jahre 2002 und 2003 berichtigte Gewinnermittlungen einreichen. Für das Streitjahr 2002 ergab sich daraus ein Verlust in Höhe von … EUR bei den Einkünften des Kl. aus Gewerbebetrieb. Dieser Gewinnermittlung war erstmals eine Entwicklung des Anlagevermögens vom 01.01. bis 31.12.2002 beigefügt. Im Rahmen des Strafverfahrens wurde seitens der Finanzverwaltung die Ansicht vertreten, dass die Aufwendungen für die Pkw-Kosten für alle Jahre mit einem Privatanteil von 25 % anzusetzen seien. Dabei wurde auch das Streitjahr 2002 erfasst. Mit Bescheid vom 13.06.2008 wurde statt des zuletzt erklärten Verlusts in Höhe von … EUR ein Gewinn in Höhe von … EUR bei den Einkünften des Kl. aus Gewerbebetrieb berücksichtigt. Der Bescheid wurde gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.
Gegen diesen Bescheid hat der Kl. mit Schreiben vom 31.10.2008 Einspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass bei den Werbungskosten seiner Ehefrau Kontoführungsgebühren in Höhe von 16 EUR, Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe...