Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Schuldgeldabzug für staatliche niederländische (Fach-)Hochschule
Leitsatz (redaktionell)
1) Schuldgeldzahlungen an die niederländische A Hogscholen (AHS) - eine staatliche (Fach-)Hochschule - fallen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG.
2) Es besteht kein europarechtlicher Anspruch auf die Begünstigung staatlicher (Fach-)Hochschulen. Die Differenzierung zwischen Schulen in freier Trägerschaft und überwiegend privat finanzierten Schulen einerseits und staatlichen Schulen andererseits ist nicht europarechtswidrig.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 24b, § 10 Abs. 1 Nr. 9
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung von Zahlungen, die die Kläger für die Ausbildung ihrer Tochter an der niederländischen A Hogescholen (AHS) erbracht haben.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre Tochter T besuchte seit dem Sommer 2004 (Streitjahr) die AHS in N. Hier absolvierte sie ein sog. Fachhochschulstudium im Bereich Physiotherapie, das sie am 1. Oktober 2008 abgeschlossen hat. T lebte im Streitjahr zunächst noch im Haushalt der Kläger, ab dem 1. August 2004 wohnte sie in H.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2004 machten die Kläger Berufsausbildungskosten für ihre Tochter in Höhe von insgesamt 6.891,75 EUR geltend. Darin waren auch im Streitjahr an die AHS gezahlte Studiengebühren in Höhe von 1.300 EUR und 4.300 EUR enthalten (lt. Kontoauszug 4.380 EUR). Der Beklagte berücksichtigte die Studiengebühren in Höhe von 5.600 EUR weder bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2004 im Bescheid vom 30. September 2005 noch im – aus hier unstreitigen Gründen ergangenen – Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2005. Er setzte die Steuer vielmehr lediglich unter Berücksichtigung des anteiligen Ausbildungsfreibetrages gem. § 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG – 5/12 von 924 EUR = 385 EUR) fest. Der Einspruch der Kläger vom 28. Oktober 2005, der sich seinem Wortlaut nach „gegen den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 30. September 2005” richtet, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006).
Ihre Klage vom 24. April 2006 begründeten die Kläger unter Hinweis auf die vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren zur Frage der steuerlichen Abziehbarkeit von Schulgeldzahlungen für Schulbesuche im Ausland. Nachdem diese Verfahren abgeschlossen sind und das zunächst ruhende finanzgerichtliche Verfahren fortgesetzt worden ist, tragen die Kläger vor, durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesfinanzhofes sei nunmehr geklärt, dass die Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG gemeinschaftsrechtswidrig sei. Mithin seien Schulgeldzahlungen auch abzugsfähig, wenn sich die Schule nicht im Inland, sondern in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union befinde. Dabei sei es unzulässig, zwischen staatlichen und privaten Schulen zu differenzieren. Soweit die gesetzliche Neuregelung dies tue, sei sie europarechtswidrig.
Zudem lägen auch die Voraussetzungen der gesetzlichen Neuregelung vor. Zwar bezeichne sich die Schule in den Niederlanden als Fachhochschule. Jedoch sei T dort zur Physiotherapeutin ausgebildet worden. Die Bezirksregierung U habe mit Bescheid vom 5. Februar 2009 festgestellt, dass die Ausbildung die Mindestvoraussetzungen zur Feststellung der Gleichwertigkeit für den nichtakademischen Heilberuf der Physiotherapeutin im Sinne des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes erfülle. Damit stehe fest, dass die Ausbildung an der sog. Fachhochschule zu einem berufsbildenden Berufsabschluss führe. Der erreichte sog. Hochschulabschluss werde in Deutschland nicht ohne weiteres anerkannt. Nach den deutschen Regelungen sei eine Hochschulausbildung zum Physiotherapeuten weder notwendig noch möglich. Müsse der erreichte Abschluss noch durch die Bezirksregierung als gleichwertig anerkannt werden, so könne es sich bei der AHS nicht um eine Hochschule nach deutschem Sprachgebrauch und Rechtsverständnis handeln. Daher sei die sog. Studiengebühr als Schulgeld im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG anzusehen. In den sog. Studiengebühren sei kein Entgelt für die Beherbergung, Betreuung oder Verpflegung enthalten.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 11. Oktober 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von 1.680 EUR niedriger festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet. Der Gesetzgeber habe auf die aktuelle Rechtssprechung mit dem Jahressteuergesetz 2009 reagiert. Nach der Übergangsregelung (§ 52 Abs. 24b EStG) gelte die Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG auch für noch nicht bestandskräftig veranlagte Zeiträume vor 2008 und damit auch für den Streitfall. Entgegen der Auffassung der Kläger lägen die Voraussetzungen jedoch nicht vor. Hochschulen einschließlich der Fachhochschulen oder ihnen gleichstehende Einr...