Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung eines Handelsunternehmens unter der bisherigen Firma, Abgrenzung zur Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Handelsunternehmen i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB wird von einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen Bestand unverändert fortgeführt, wenn der Tätigkeitsbereich, die innere Organisation, die Räumlichkeiten und die Kunden- und Lieferantenbeziehungen im Kern beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen werden.
2) Ein Handelsunternehmen wird i.S.v. § 25 HGB nicht unter der bisherigen Firma fortgeführt, wenn zwar die Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnung weiter verwendet wird, in der Handelskorrespondenz aber der Wechsel der Inhaberschaft deutlich kenntlich gemacht wird.
Normenkette
HGB § 25 Abs. 1; AO § 191 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist nach Ergehen des Haftungsänderungsbescheids vom 26.10.2011 jetzt noch, ob das beklagte Finanzamt (FA) hinsichtlich der verbleibenden Haftungssumme in Höhe von … EUR zu Recht die Klägerin (Klin.) gemäß § 191 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) als Haftende für Steuerverbindlichkeiten der Frau N in Anspruch genommen hat.
Frau N betrieb in U-Stadt, C-Straße bis zum 31.07.2008 ein (…) Restaurant unter der Bezeichnung „(…) Restaurant AaA”. Gegenüber ihrem Steuerberater und dem FA und auch bei der Gewerbeabmeldung bei der Stadt trat sie unter ihrem Namen Frau N auf. Im Telefonbuch und im Branchentelefonbuch für O-Stadt, X-Stadt, 2008 (gültig bis April 2009) war die Bezeichnung „AaA (…) Restaurant” erfasst. Die Eintragung im „Ihr regionales Telefonbuch X-Stadt, U-Stadt und Umgebung für 2007/2008” lautete „(…) Restaurant Inh. N”.
Auf den Kassenrechnungszettel des Restaurants war bis zum 31.07.2008 aufgedruckt „AaA (…) Grill Buffet”.
Die Rechnungen der Lieferanten an ihre o. a. Geschäftsadresse waren bis zum 31.07.2008 adressiert an
- „(…) Restaurant AaA Inh. N „
- „AaA N (…) Restaurant”
- „AaA M (…) Restaurant”.
An der vorbeiführenden (…) Straße waren Werbeschilder mit der Aufschrift „(…) Restaurant AaA” und über dem Haupteingang des Restaurants ein Schild mit der Aufschrift „AaA” angebracht.
Frau N hatte in ihrem Restaurant, einschließlich ihres Lebensgefährten Herrn M, insgesamt 9 Angestellte. Sie erzielte im Jahr 2005 einen Umsatz in Höhe von … EUR und im Jahr 2006 einen solchen in Höhe von … EUR. Der Gewinn wurde nach § 4 Abs. 1 EStG in Form des Bestandvergleiches ermittelt.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 08.04.2008 gegründete und am 15.10.2008 ins Handelsregister des Amtsgerichts O-Stadt eingetragene Klin., die M-GmbH, meldete am 10.07.2008 bei der Stadt U-Stadt unter der jetzigen Geschäftsadresse C-Straße, U-Stadt, ein (…) Restaurant an. Als Betriebsinhaber wurde die M-GmbH angegeben, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer Herr M war und ist.
Mit Kaufvertrag vom 31.07.2008 erwarb die Klin. von Frau N das komplette Inventar, sowie die vorhandenen Waren- und Getränkevorräte und die im Sicherungseigentum der X- Brauerei stehenden Anlagegüter des (….) Speiserestaurants. Als Gegenleistung zahlte die Klin. an die Verkäuferin einen Betrag von … EUR. Weiterhin übernahm die Klin. diverse betriebliche Verbindlichkeiten der Frau N i. H. von mehr als … EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kaufvertrages Bezug genommen.
Der Pachtvertrag vom 20.04.2008, auf den wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, betreffend die Gaststättenräumlichkeiten C-Straße in U-Stadt wurde zwischen Frau H als Verpächterin und Herrn M als Pächter abgeschlossen. Hintergrund dieser Regelung war der Wunsch der Verpächterin, aus haftungsrechtlichen Gründen eine natürliche Person als Pächter zu haben. Um der Klin. die Nutzung an den Gaststättenräumlichkeiten zu ermöglichen, schlossen Herr M als (Unter-) Verpächter und die Klin. als (Unter-) Pächterin einen Unterpachtvertrag mit Datum vom 25.04.2008, auf den ebenfalls Bezug genommen wird.
In der Folgezeit wurden alle Lieferverträge für das Restaurant von der M-GmbH neu abgeschlossen. Dies umfasste u. a. den Vertrag mit der X- Brauerei, in dem die X-Brauerei der Klin. unter Eigentumsvorbehalt bewegliches Inventar für den Betrieb der Absatzstätte „AaA” verkaufte. Auf den Vertrag vom 11.03.2010 wird Bezug genommen. Hintergrund des verspäteten Vertragsabschlusses waren Vertragsverhandlungen über die genaue Dauer des Vertrages.
Die Klin. übernahm von Frau N mit Ausnahme eines Angestellten alle Angestellten. Die bisherige Inhaberin Frau N wurde als weitere Angestellte beschäftigt. Im Rahmen der am 31.07.2008 erfolgten Übernahme des Geschäftsbetriebes durch die Klin. wurde die Bezeichnung des Restaurants geändert. Das Restaurant sollte nunmehr unter der Bezeichnung „(…) Restaurant A” geführt werden. Diese Umstellung ist allerdings nicht durchgängig erfolgt. Während bei dem Schild über dem Haupteingang die Buchstaben „A” und „a” sichtbar entfernt wurden, so dass der Restaurantn...