Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit für die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Für Kindergeldberechtigte, die u.a. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, ist gem. § 72 Abs. 1 EStG für die Festsetzung und Zahlung des Kindergelds die ihn beschäftigende öffentlich-rechtliche Körperschaft zuständig. Die bestehende Kindergeldfestsetzung wird durch den sachlichen Zuständigkeitswechsel nicht berührt. Die neu zuständige Familienkasse ist an die Festsetzung zunächst gebunden und muss keine erneute Festsetzung durchführen, für eine etwa erforderliche Aufhebung der Festsetzung ist sie ebenfalls zuständig.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1, § 70 Abs. 1, § 72 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum Januar 1999 bis Dezember 2004 innerhalb der Festsetzungsfrist aufgehoben wurde.
Der Kläger bezog für die Tochter1, geb. am 12.12.1988, und Tochter2, geb. am 03.06.1993, von der Familienkasse laufend Kindergeld. Die Auszahlung des Kindergeldes ging ab dem Jahr 1996 auf den privatwirtschaftlichen Arbeitgeber über. Betreffend den Kindergeldanspruch ab Januar 1996 teilte der Kläger am 30.10.1995 der Familienkasse mit, dass voraussichtlich ab 01.01.1996 das Kindergeld von seinem Arbeitgeber ausgezahlt werde. Zur Vorlage beim Arbeitgeber benötige er deshalb eine Kindergeldbescheinigung des Arbeitsamtes.
Zum 01.10.1996 nahm der Kläger bei der A-Stadt ein Arbeitsverhältnis an. Im Antrag auf Kindergeld für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes vom 10.10.1996 verneinte er die Frage unter Punkt 8 des Formulars, "Haben Sie oder Ihr Ehegatte oder eine andere Person für die eingetragenen Kinder anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalten?" Im Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld vom 10.10.1996, der bei der Familienkasse einzureichen war, blieb die Frage unter Punkt 8 des Formulars, "Haben Sie oder Ihr Ehegatte oder eine andere Person für die eingetragenen Kinder seit ihrem letzten Antrag (Fragebogen) Kindergeld erhalten?", unbeantwortet. Sowohl im Antrag auf Kindergeld als auch im erwähnten Fragebogen verneinte er die Frage unter Punkt 10, "Sind oder waren Sie, Ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, seit Ihrem letzten Antrag (Fragebogen) im öffentlichen Dienst beschäftigt?"
Nachfolgend wies die A-Stadt (Familienkasse) in den Lohn-/Gehaltsabrechnungen des Klägers Kindergeld aus.
Mit Schreiben vom 20.11.1998 teilte die Familienkasse dem Kläger mit, dass sie ab Januar 1999 wieder die Kindergeldauszahlung vornehmen werde. Das Kindergeld werde auf die der Familienkasse bekannte Bankverbindung Kontonummer 0009xxxxx, BLZ 000xxxx überwiesen. Um Überprüfung der Bankverbindung werde gebeten.
Am 10.11.2006 legte der Kläger der Familienkasse eine Schulbescheinigung vor, wonach die Schulausbildung der Tochter1 voraussichtlich im Juni 2008 enden werde.
Im Antrag auf Fortzahlung des Kindergeldes über das 18. Lebensjahr hinaus, der am 22.12.2008 bei der Familienkasse einging, kreuzte er die Frage, ob er im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, mit "nein" an. Da nach einer Prognoseberechnung für das Jahr 2009 die Einkünfte der Tochter1, die sich seit dem 01.09.2008 in Berufsausbildung befand, den Grenzbetrag von 7.680 € überstiegen, hob die Familienkasse mit Bescheid vom 26.03.2009 die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2009 auf.
Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 09.04.2009, eingegangen am 14.04.2009, der Familienkasse mit, dass das Kindergeld doppelt gezahlt worden sei. Er sei seit 01.10.1996 bei der A-Stadt beschäftigt, die von Anfang an Kindergeld gezahlt habe.
Auf Anfrage bestätigte die A-Stadt am 12.05.2009 der Familienkasse, dass der Kläger auf Antrag vom 10.10.1996 für die Tochter1 und Tochter2 bis einschließlich März bzw. April 2009 Kindergeld bezogen habe.
Mit Bescheid vom 27.07.2009 hob die Familienkasse gemäß § 70 Abs. 2 EStG die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter1 und Tochter2 ab Januar 1999 auf und forderte gemäß § 37 Abs. 2 AO das gezahlte Kindergeld von 36.322,20 € zurück. Sie begründete dies damit, dass der Kläger im Zeitraum Januar 1999 bis April 2009 sowohl von der Familienkasse als auch von seinem Arbeitgeber Kindergeld für die beiden Kinder bezogen habe.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Dagegen hat der Kläger Klage erhoben.
Er bringt sinngemäß vor, die Festsetzung des Kindergeldes betreffend den Zeitraum Januar 1999 bis Dezember 2004 könne nicht aufgehoben werden, weil weder eine Steuerhinterziehung noch eine grobe Fahrlässigkeit gegeben sei. Der Kläger habe die Verwirklichung des Tatbestandes weder für möglich gehalten noch diese billigend in Kauf genommen. Er habe der Familienkasse gegenüber nicht verschwiegen, dass er bei einem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigt sei. Dies sei der Familienkasse hinreichend bekannt gewesen.
Der Kläg...