Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1987 bis 1990
Tenor
I. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1990 vom 3. August 1992 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1993 werden aufgehoben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4 zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe eines Betrages von 800,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht einen Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG rückgängig gemacht hat.
Die im Jahre 1933 geborene Klägerin ist seit 1981 verwitwet. Sie bezog in den Streitjahren 1987 bis 1990 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen und aus Leibrenten. Mit Kaufvertrag vom 19. August 1987 erwarb sie das im Jahre 1935 errichtete Einfamilienhaus … in … In ihrer Einkommensteuererklärung 1987 (Anlage FW mit weiterer Anlage) gab sie an; daß sie das Haus voraussichtlich in 1988 beziehen werde, und machte Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 1.464,– DM als Vorkosten im Sinne des § 10 e Abs. 6 EStG geltend. Die Steuerbegünstigung wurde vom Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid 1987 vom 2. Januar 1989 gewährt. Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1988 teilte die Klägerin dem Finanzamt mit, daß sich infolge versteckter Mängel die Instandsetzungen auch auf das Jahr 1989 erstreckten und der Einzug wahrscheinlich Anfang 1990 erfolgen werde. Die von ihr für 1988 sowie für 1989 geltend gemachten Vorkosten in Höhe von 29.555,– DM bzw. von 19.035,– DM (im wesentlichen Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen) wurden mit Einkommensteuerbescheiden 1988 vom 6. Februar 1990 und 1989 vom 16. Juli 1991 berücksichtigt.
Am 7. August 1991 veräußerte die Klägerin das Einfamilienhaus wieder; ohne es bezogen zu haben. Gleichwohl begehrte sie mit ihrer am 5. Februar 1992 eingereichten Einkommensteuererklärung 1990 auch für das Jahr 1990 den Abzug von Schuldzinsen in Höhe von 21.100,– DM als Vorkosten. Da in der Erklärung die Veräußerung des Gebäudes nicht angegeben war; fragte der Sachbearbeiter des Finanzamts am 18. Mai 1992 telefonisch bei dem damaligen Steuerbevollmächtigten der Klägerin an; wann diese das Haus nun endlich beziehe. Der Steuerbevollmächtigte setzte ihn von der im Jahre 1991 erfolgten Veräußerung in Kenntnis (Bl. 3 Einkommensteuerakten 1990). Der begehrte Vorkostenabzug wurde sodann mit Einkommensteuerbescheid 1990 vom 9. Juni 1992 gewährt.
Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 15. Juni 1992 erließ das Finanzamt nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1990 vom 3. August 1992, mit denen es die bisher gewährten Steuerbegünstigungen nach § 10 e Abs. 6 EStG nunmehr versagte, weil die Aufwendungen entgegen ursprünglicher Planung nicht im Zusammenhang mit einem eigengenutzten Objekt angefallen seien. Die hiergegen erhobenen Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1993 als unbegründet zurückgewiesen. Die Änderung der Bescheide sei nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, sondern nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 RO gerechtfertigt, weil die Klägerin ihre Absicht, das Haus selbst zu nutzen, aufgegeben und das Grundstuck verkauft habe.
Mit ihrer Klage bringt die Klägerin im wesentlichen vor:
§ 175 Abs. 1 Nr. 2 RO könne nur Anwendung finden, wenn eine Voraussetzung für eine Steuervergünstigung entfalle, die im Gesetz selbst genannt sei. In § 10 e Abs. 6 EStG sei jedoch die tatsächliche Eigennutzung als Voraussetzung nicht genannt und folglich die Anwendung dieser Änderungsvorschrift nicht möglich. Die Aufwendungen hatten in unmittelbarem Zusammenhang mit einem tatsächlich angeschafften Gebäude gestanden,
Die Klägerin beantragt,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1990 vom 3. August 1992 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1993 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, die erstmalige Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken sei gesetzliches Tatbestandsmerkmal des § 10 e Abs. 6 EStG und damit Abzugsvoraussetzung. Durch die Grundstücksveräußerung im Jahre 1991 habe die Klägerin diese Voraussetzung nicht mehr erfüllen können. Es sei somit nach Entstehen des Steueranspruchs ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit eingetreten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum Teil begründet.
1.
Das beklagte Finanzamt ist zutreffend davon ausgegangen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Abzug der in den Streitjahren für das Einfamilienhaus geltend gemachten Vorkosten im Sinne des § 10 e Abs. 6 EStG nicht erfüllt sind, weil die Klägerin das Haus vor Eintritt der Eigennutzung wieder veräußert hat.
Nach § 10 e Abs. 6 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige Rufwendungen wie Sond...