Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zu Teilwertabschreibung auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung?
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich einer im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligung an einer GmbH, sowie Darlehensforderungen dieser GmbH gegenüber besteht bei einem Gewerbetreibenden, der seinen Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG ermittelt, ein Wahlrecht zum Ansatz eines niedrigeren Teilwerts, wenn die GmbH notleidend geworden ist. Eine Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts folgt nicht aus dem Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 2 HGB, da die Bewertungsvorschriften des § 6 EStG vorgehen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2; HGB § 253 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Anspruch auf Änderung eines Einkommensteuerbescheides mit rechtlichen Folgen für Vorjahre (Verlustrücktrag) bzw. für einen Gewerbesteuermessbescheid besteht.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger betreibt ein Einzelunternehmen "Büromaschinen-Leasing". Er ist außerdem Geschäftsführer der R Bürotechnik GmbH, H (im folgenden: GmbH), an der er mehrheitlich beteiligt ist, und erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus verschiedenen anderen Beteiligungen.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 08. August 1994 hatte er der GmbH unter "H. R. Büromaschinen-Leasing, H." ein Darlehen von 830.000,-- DM gegen Zahlung von 8,25 % Zinsen p.a. gewährt. Zur Absicherung sollten "die Softwarelizenzen verschiedener Programmpakete" dienen. (Wegen des genauen Inhaltes des Darlehensvertrages wird auf Bl. 17 ESt-Änderungsakte Bezug genommen.) Der Kläger hatte in 1995 und 1996 Zinsen in Höhe von 68.132,-- DM bzw. 66.770,-- DM als Ertrag des Einzelunternehmens ausgewiesen.
Die ursprüngliche Einkommensteuerveranlagung 1994 erfolgte durch Bescheid vom 11. Juni 1996, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging und bestandskräftig wurde. Er wurde mehrfach wie folgt geändert: Unter dem 09. Oktober 1997 wegen der Einkünfte aus Beteiligungen, unter dem 01. März 1999 nach einer Lohnsteueraußenprüfung (Erhöhung des Bruttoarbeitslohnes des Klägers und Ansatz von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin) und zuletzt unter dem 13. November 2000 (Erhöhung der gewerblichen Einkünfte aus dem Einzelunternehmen). In den beiden ersten Änderungsbescheiden war der Vorbehalt der Nachprüfung ausdrücklich aufrechterhalten, in dem letzten Änderungsbescheid dagegen aufgehoben worden (Bl. 46 ff. Prozessakten).
Unter dem 11.06.1996 ist ein (nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender) Gewerbesteuermessbescheid für 1994 ergangen.
Bereits mit Schreiben vom 17. September 1998 (Bl. 1 und 2 ESt-Änderungsakten) hatte der Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1994 sowie der Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 1996 gemäß § 164 Abs. 2 AO beantragt. Bei der Einkommensteuer 1994 sollte eine Teilwertabschreibung der o.g. Darlehensforderung in Höhe von 400.000,-- DM berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte der sich danach ergebende Verlustrücktrag in Höhe von 86.000,-- DM bzw. 44.000,-- DM auf 1992 und 1993 zurückgetragen werden. Der Kläger hatte hierzu ausgeführt, sein Einzelunternehmen habe Forderungen gegenüber der GmbH in Höhe von insgesamt 825.848,-- DM. Da die GmbH bereits seit 1990 große Zahlungsprobleme habe und auch die gegebenen Sicherheiten nicht ausreichten, sei eine Teilwertabschreibung in der o.g. Höhe nach dem Niederstwertprinzip gemäß § 253 Abs. 2 und Abs. 3 HGB vorzunehmen.
Der Änderungsantrag wurde mit Bescheid vom 15. Oktober 1998 (Bl. 3 f. ESt-Änderungsakten) abgelehnt, da aus den Bilanzansätzen der GmbH zum 31. Dezember 1994 (gezeichnetes Kapital 500.000,-- DM, Verlustvortrag 58.221,-- DM, Jahresüberschuss 79.698,-- DM) erkennbar sei, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Bloße Zahlungsschwierigkeiten reichten für eine Teilwertabschreibung nicht aus.
Mit seinem hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch hat der Kläger eingewendet, aus dem berichtigten Jahresabschluss 1994 der GmbH sei klar ersichtlich, dass die Forderung nicht mehr in voller Höhe werthaltig sei. Dies sei sogar vom Finanzamt selbst bestätigt worden, indem es für die GmbH einen Antrag auf Konkurseröffnung habe stellen wollen. Die Konkursanmeldung sei nur durch eine Umfinanzierung zu vermeiden gewesen. Nach dem strengen Niederstwertprinzip sei eine Teilwertabschreibung daher zwingend vorzunehmen. Dass die GmbH die vereinbarten Zinsen gezahlt habe, sei für die Bewertung der Forderung unerheblich, zumal die GmbH erneut habe finanziell unterstützt werden müssen. Dabei seien auch lediglich die Zinsen berechnet worden, die dem Kläger seinerseits durch Refinanzierung entstanden seien. Außerdem sei keine Bank bereit gewesen, ein Darlehen gegen die gestellten Sicherheiten zu gewähren.
Im übrigen werde nunmehr auch eine Teilwertabschreibung betreffend den GmbH-Anteil...