Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldstreitigkeiten
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Der Klägerin wurde ab Januar 1996 Kindergeld in Höhe von 200 DM monatlich für ihren Sohn … auf das im Antrag angegebene Bankkonto überwiesen. Eine förmliche Festsetzung durch schriftlichen Bescheid gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 EStG nahm die Familienkasse nicht vor. Die erste Überweisung erfolgte am 19. Januar 1996.
Mit Schreiben vom 06. März 1997, das am 14. März bei dem beklagten Arbeitsamt eingegangen ist, erhob die Klägerin Einspruch wegen des Restbetrages des Kindergelds für das Jahr 1996 und machte geltend, das Kindergeld für das erste und zweite Kind in Höhe von monatlich 200 DM entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Nach dem verfassungsrechtlich gebotenen Kinderfreibetrag von 9.072,– DM sei der Kindergeldbetrag mit 289,85 DM anzusetzen. Deshalb habe sie monatlich 89,85 DM zu wenig erhalten.
Den Rechtsbehelf wies das beklagte Arbeitsamt – Familienkasse – durch Einspruchsbescheid vom 03. April 1997 als unzulässig zurück und führte aus, der Rechtsbehelf richte sich gegen die Kindergeldfestsetzung in Gestalt der Banküberweisung vom 19. Januar 1996, bei der davon auszugehen sei, daß sie der Berechtigten spätestens eine Woche nach der Überweisung bekannt geworden sei. Da der nicht förmlichen Festsetzung des Kindergeldes keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen sei, sei zwar die Einlegung des Einspruches grundsätzlich binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zulässig, jedoch sei diese Frist spätestens am 27. Januar 1997 verstrichen gewesen. Deshalb sei der Rechtsbehelf als unzulässig zu verwerfen.
Mit der nunmehr erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, es sei ungerecht und damit unzulässig, willkürlich eine Frist von einem Jahr anzusetzen, während Behörden und Ämtern längere Zeiträume z.B. für die Eintreibungen bewilligt würden. Außerdem sei keine Frist versäumt worden, weil das Kindergeld nicht im voraus, sondern monatlich bezahlt werde und sich somit die Frist Monat für Monat verschieben müsse.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
unter Änderung der Kindergeldfestsetzung und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03. April 1997 das Kindergeld ab Januar 1996 monatlich auf 289,65 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, die Kindergeldfestsetzung sei auf andere Weise im Sinn des § 119 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung –AO– durch die erste Auszahlung des Kindergeldes, die Bekanntgabe des Auszahlungsbetrages und des Auszahlungszeitraumes erfolgt und bekanntgegeben worden. Der hiergegen im März 1997 eingelegte Einspruch sei daher wegen Fristversäumnis als unzulässig zu verwerfen gewesen. Mit dem Einwand, die Einspruchsfrist sei jeweils nach der monaltich erfolgten Auszahlung des Kindergeldes zu berechnen, könne die Klägerin nicht durchdringen. Der Inhalt der Kindergeldfestsetzung werde durch die Verfügung in der Leistungsakte bestimmt. Aus dem ersten Zahlungsbeleg könnte die Kindergeldempfängerin aufgrund ihrer durch das Merkblatt vermittelten Kenntnisse entnehmen, für wieviele Kinder, von welchem Zeitpunkt an und in welcher Höhe Kindergeld festgesetzt worden sei. Diese von der Familienkasse einmal getroffene Regelung gelte bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Änderung verfügt und bekanntgegeben werde. Die monatlichen Auszahlungen des Kindergeldes infolge der ersten Verfügung seien somit keine isoliert anfechtbaren Kindergeldfestsetzungen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die beklagte Familienkasse hat den Einspruch (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO) der Klägerin zu Recht gemäß § 358 AO als unzulässig verworfen, weil der Rechtsbehelf gegen die Kindergeldfestsetzung (§ 70 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG i.V.m. § 119 Abs. 2 AO) nicht binnen eines Jahres nach deren Bekanntgabe (§ 356 Abs. 2 AO) eingelegt worden ist, und der Klägerin wegen Versäumung dieser Frist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann (§ 110 Abs. 1 AO).
Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG wird das Kindergeld von der Familienkasse durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. Ist dem Anspruchsberechtigten – wie im Streitfall – Kindergeld bis zum 31. Dezember 1995 nach den Vorschriften des BKGG gewährt worden, so gilt dieses nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes als festgesetzt. Das Kindergeld ist nach § 31 Satz 3 EStG materiell-rechtlich eine Steuervergütung. Für diesen Steuervergütungsanspruch, der nach den Bestimmungen der §§ 62 ff. EStG entsteht, gelten nach § 155 Abs. 6 AO sinngemäß die Vorschriften über die Steuerfestsetzung (§§ 155 bis 177 AO). Daher hat – wie § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG klarstellt – die Festsetzung des Kindergeldes grundsätzlich durch schriftlichen Bescheid (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO) zu erfolgen, mit dem gegenüber dem Anspruchsberechtigten über Grund und Höhe des Kindergeldanspruchs entschieden wird. Diese Entscheidung, die die begrifflichen Merkmale eines Verwaltungsaktes (§ 118 Satz 1 A...