Rz. 19
In den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 bis 4, 7a und 7b EStG, in denen die Kapitalerträge der allgemeinen KapESt unterliegen, wird die KapESt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Gläubigers der Kapitalerträge erhoben. Aus diesem Grund wurde die Verpflichtung zur Vornahme des Steuerabzugs dem Schuldner der Kapitalerträge übertragen (Rz. 24ff.). Die allgemeine KapESt wird somit bereits an der Quelle der Kapitalerträge, sozusagen als Quellensteuer, erhoben.
Rz. 20
In den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, 6, 7 und 8 bis 12 sowie S. 2 EStG zu erhebende KapESt dagegen ist als Zahlstellensteuer ausgestaltet. Den Steuerabzug vom Kapitalertrag hat in diesen Fällen die Stelle vorzunehmen, die die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt (Rz. 31ff.). Die durch das UnternehmensteuerreformG 2008 v. 14.8.2007 mit Wirkung zum 1.1.2009 neu eingeführten KapESt-Tatbestände (§ 43 EStG Rz. 172, 176) sind somit als Zahlstellensteuer ausgestaltet worden.
Durch die Ausgestaltung als Zahlstellensteuer ist die, die Kapitalerträge auszahlende Stelle in die Lage versetzt, bereits bei der Auszahlung die individuellen Verhältnisse des Gläubigers der Kapitalerträge zu berücksichtigen. So kann sie berücksichtigen, dass der Gläubiger gem. § 1 Abs. 4 EStG nur beschränkt stpfl. ist und dass der Steuerabzug nur bei inländischen Kapitalerträgen i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG vorgenommen wird. Die auszahlende Stelle kann gem. § 44a EStG vom Steuerabzug Abstand nehmen, wenn beim Gläubiger der Kapitalerträge die Voraussetzungen hierfür gegeben sind – so z. B. bei Vorliegen einer Nichtveranlagungs-(NV-)Bescheinigung bzw. eines Freistellungsauftrags oder einer Bescheinigung i. S. d. § 44a Abs. 5 EStG für Dauerüberzahler (vgl. Erl. zu § 44a EStG) oder auch im Falle der Durchführung eines Verlustausgleichs gem. § 43a Abs. 3 S. 2 EStG, der in § 44a Abs. 10 S. 2 EStG ausdrücklich genannt ist.
Rz. 21
Durch die Ausgestaltung als Zahlstellensteuer wurde es außerdem möglich, auch die Erträge aus ausl. Wertpapieren und Wertrechten i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, 7 Buchst. a EStG sowie Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 bis 12 sowie S. 2 EStG in die Erhebung der KapESt einzubeziehen (vgl. Einleitungssatz von § 43 Abs. 1 EStG). Voraussetzung für den Steuerabzug und insbesondere für den Steuerabzug auf ausl. Kapitalerträge in diesen Fällen sind, dass diese Kapitalerträge von einem inländischen depotführenden Kreditinstitut oder von einem inländischen mit der Finanzportfolioverwaltung beauftragten Finanzdienstleistungsinstitut als auszahlender Stelle ausgezahlt oder gutgeschrieben werden. Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute mit Sitz im Ausland können hingegen durch die deutschen Steuerabzugsvorschriften nicht zum Einbehalt von KapESt verpflichtet werden.
Rz. 22
Wegen der ihm durch die Vorschrift auferlegten Verpflichtung, die KapESt für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einzubehalten und an das für ihn zuständige FA abzuführen (Rz. 14ff.), ist der zum Steuerabzug Verpflichtete (d. h. der Schuldner der Kapitalerträge bzw. die die Kapitalerträge auszahlende Stelle) als Steuerentrichtungsschuldner i. S. d. § 44 S. 3 EStG Stpfl. i. S. d. § 33 AO.
Rz. 23
Seine Eigenschaft als Stpfl. i. S. d. § 33 AO wird aber auch dadurch begründet, dass der zum Steuerabzug Verpflichtete für die von ihm einzubehaltende und abzuführende KapESt haftet (Rz. 92ff.).