Verfahrensgang
AG Kleve (Beschluss vom 04.06.2007; Aktenzeichen 31 IN 63/06) |
Nachgehend
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Durch die angefochtene, dem Gläubiger am 14.06.2007 zugestellte Entscheidung hat da Amtsgericht den Insolvenzeröffnungsantrag des Gläubigers als unzulässig verworfen.
Dem war folgendes vorausgegangen:
Aus dem Eröffnungsantrag des Gläubigers vom 22.06.2006, eingegangen am 28.06.2006 geht hervor, daß der Gläubiger in den maßgeblichen Zeiträumen der §§ 130 bis 132 InsO zahlreichen Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Schuldner ausgebracht hatte. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat danach beim Gläubiger fernmündlich in Erfahrung gebracht, daß die Vollstreckungsmaßnahmen teils erfolgreich waren und Zahlungen an den Gläubiger in Höhe von rund 7 200,00 EUR anfechtbar sein könnten, Bericht vom 25.10.2006, Bl. 255 GA. Das Gutachten vom 13.04.2007 weist den gleichen Sachverhalt auf mit dem Zusatz, der Gläubiger habe genauere Auskünfte mit Hinweis auf den Datenschutz abgelehnt, Bl. 288 GA. Andererseits hatte der Schuldner am 31.08.2006 ausdrücklich auch die Finanzbehörden von der Wahrung des Steuergeheimnisses für das vorliegende Verfahren entbunden, Bl. 138 GA. Gegenüber der Aufforderung des Insolvenzgerichts, die für den Schuldner seit März 2006 vereinnahmten Zahlungen aufzulisten, hat sich der Gläubiger mit Eingabe vom 30.05.2007, Bl. 216 ff. GA, immer noch in erster Linie auf das Steuergeheimnis berufen. Daraufhin hat das Insolvenzgericht die angefochtene Entscheidung erlassen. Zur Begründung der Unzulässigkeit ist unter anderem ausgeführt, der Gläubiger verfolge mit seinem Eröffnungsantrag verfahrensfremde, nämlich eigene Zwecke, wenn er die vollständige Aufklärung der Vermögenssituation des Schuldners behindere und Sachverhalte, die zu Anfechtungsansprüchen gegen ihn führen könnten, nicht offenbare.
Das greift der Gläubiger mit am 26.06.2007 eingegangener „Beschwerde” an; wegen der Einzelheiten wird auf die Schrift vom gleichen Tage verwiesen, Bl. 325–327 GA. Das Amtsgericht hat unter Vertiefung seiner Argumentation nicht abgeholfen, Beschluß vom 28.06.2007, Bl. 329/330 GA.
Das Rechtsmittel des Gläubigers ist als sofortige Beschwerde zulässig, §§ 6 Abs. 1, 2, 34 Abs. 1 InsO.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Auch die Kammer ist der Auffassung, daß die Finanzverwaltung mit ihrem Eröffnungsantrag im Lichte ihres späteren Verhaltens nicht nur verfahrensfremde, sondern darüber hinaus unredliche Zwecke verfolgt.
Dazu im einzelnen:
Auf die Wahrung des Steuergeheimnisses dem Schuldner gegenüber beruft sich die Beschwerde nicht mehr. Ohnehin stand der Einwand von vornherein auf tönernen Füßen. Denn daß § 97 InsO eine Zustimmung des Schuldners nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO impliziert, sollte bei der Finanzverwaltung bekannt sein.
Soweit die Beschwerde Ausführungen dazu enthält, was für die Insolvenzeröffnung relevant oder nicht sei, unterliegt das weder der Dispositions- noch der Entscheidungsbefugnis der Finanzverwaltung. Das hat das Insolvenzgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen. Und es wird wohl niemand im Ernst in Abrede stellen wollen, daß es etwa nicht sachgerecht sei, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, danach Masseunzulänglichkeit anzuzeigen und alsdann die Masse mit Ansprüchen aus Insolvenzanfechtung aufzufüllen.
Die Kammer stimmt der Beschwerde in dem Punkt zu, daß der antragstellende Gläubiger im Eröffnungsverfahren über mögliche Anfechtungsansprüche keine Auskunftspflichten hat. Wenn er aber auf Auskunftsersuchen des vorläufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzgerichts dazu schweigt, so ist es dem Insolvenzgericht und auch der Beschwerdekammer durchaus erlaubt, daraus Schlüsse zu ziehen. Von der Finanzverwaltung werden nur solche Auskünfte verlangt, die sie ohne sonderliche Mühe ihren Akten entnehmen kann; schließlich wird in den Steuerakten des Schuldners eine Auflistung vorhanden sein, was wann aufgrund welcher Vollstreckungsmaßnahme von Dritten für den Schuldner gezahlt ist. Wenn diese Auskunft verweigert wird, so ist daraus zu schließen, daß die Finanzverwaltung eine Eröffnung des Verfahrens nicht zum Ziel hat, weil sie sich dann Anfechtungsansprüchen ausgesetzt sieht. Vielmehr ist der Schluß gerechtfertigt, daß im Eröffnungsverfahren die Vermögensverhältnisse des Schuldners möglichst weitgehend zu Gunsten der Finanzverwaltung aufgeklärt werden sollen, damit diese im Falle der Nichteröffnung und damit Entfall der am 06.09.2006 angeordneten Sperre gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO auf aufgefundenes Vermögen zugreifen kann, das der Schuldner zuvor selbst nicht offenbart hatte. Das ist nichts anderes als Mißbrauch des Eröffnungsverfahrens und begründet die eingangs getroffene Einstufung als unredliche Verhaltensweise.
Fundstellen