Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Beurteilung der Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht durch Unterlassung der Auflärungspflicht eines Steuerberaters gegenüber einem Geschäftsführer als Insolvenzverschleppungsschaden
Leitsatz (amtlich)
1. Der Steuerberater ist verpflichtet nach vorangegangener Erfüllung seiner vertraglichen Hauptpflichten zur Klärung des Sachverhalts seinen Auftraggeber bezüglich des Mandatsgegenstands umfassend zu beraten, um den Mandanten in die Lage zu versetzen eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und Fehlentscheidungen vermeiden zu können.
2. Die Herstellung der Zahlungsfähigkeit ist nur durch liquide oder kurzfristig liquidierbare Mittel möglich.
3. Ein Insolvenzverschleppungsschaden ist ein ersatzfähiger Schaden im Sinne des Gesetzes, selbst wenn bei seinem Eintritt die GmbH schon insolvenzreif und vermögenslos war.
Normenkette
BGB §§ 280-281; StBerG § 37 Abs. 3 S. 1 Nr. 5; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 2; InsO § 17 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zur Insolvenzmasse der GSB Generalunternehmer für schlüsselfertiges Bauen GmbH Bauunternehmung die Hälfte desjenigen Insolvenzverschleppungsschadens zu ersetzen, der durch fehlerhafte Erstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2006 und durch unterlassene Aufklärung des Geschäftsführers der GSB Generalunternehmer für schlüsselfertiges Bauen GmbH Bauunternehmung über deren Insolvenzreife zum 31.12.2006, spätestens zum 31.08.2007, in der Zeit vom 22.09.2007 bis zum 29.01.2008 entstanden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 30.01.2008 am 28.02.2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der GSB Generalunternehmer für schlüsselfertiges Bauen GmbH Bauunternehmung, Wadern-Nunkirchen (im Folgenden auch als Schuldnerin bezeichnet). Der Geschäftsführer der Schuldnerin beauftragte die Beklagte unter anderem mit der Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2006. Nach entsprechenden Abschlussarbeiten im Juli und August 2007 erstellte die Beklagte am 09.11.2007 ihren „Bericht zur Erstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr vom 01.01.2006 -31.12.2006”, welcher nach den Grundsätzen der Fortführung der Unternehmenstätigkeit („going concern”-Prinzip) angefertigt wurde. Darin ist für das Geschäftsjahr 2006 ein Jahresüberschuss von 50.600 EUR gegenüber einem Jahresüberschuss von 81.000 EUR für 2005 ermittelt. Nachdem der Kläger am 30.01.2008 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis bestellt worden war, zeigte er mit Schreiben vom 27.02.2008, beim Insolvenzgericht eingegangen am 29.02.2008, Masseunzulänglichkeit an. Mit Schreiben vom 14.09.2010 teilte er der Beklagten mit, ihm seien Anhaltspunkte für Ansprüche gegen die Beklagte auf Ersatz von Insolvenzverschleppungsschäden bekannt geworden; weiter erbat er eine Erklärung zur Verjährungshemmung bis zum 30.06.2011. Die Beklagte wies mit Anwaltsschreiben vom 07.10.2010 Schadensersatzansprüche zurück und lehnte eine Verjährungsverzichtserklärung ab. In dem Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und andere hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken (Geschäftsnummer 33 Js 92/08) das Gutachten der Michael Harz & Partner GmbH (im Folgenden: MHP) vom 24.01.2011 eingeholt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage F 2, im Anlagenband II).
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ein umfassendes Dauermandat zur Betreuung der Schuldner...