Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnerzielungsabsicht bei Wohnmobilvermietung. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung Einkommensteuer 1991–1993
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide 1991–1993 vom 16. September 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 1996 werden insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als die Steuerfestsetzung von den Ursprungsbescheiden abweicht.
Die Berechnung des Aussetzungsbetrags wird dem Antragsgegner übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache (IX 22/97) darüber, ob die Vermietung eines Wohnmobils und die daraus entstandenen Verluste in den Jahre 1991–1993 steuerlich anzuerkennen sind.
Der Antragsteller bezog in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im März 1991 erwarb er ein Wohnmobil und meldete zum 11. März 1991 einen Gewerbebetrieb „Vermietung von Wohnmobilen” an. Dieses Fahrzeug veräußerte er 1992 wieder und schaffte zu Vermietungszwecken ein anderes an. Für private Zwecke stand dem Kläger ein weiteres Wohnmobil zur Verfügung.
Aus der Vermietung erzielte er 1991 Einnahmen von 8.745 DM. Die Einkünfte betrugen ./. 6.524 DM. In den Jahren 1992/1993 betrugen die Einnahmen 9.184 DM/2.478 DM, der Verlust 11.393 DM/12.272 DM.
Der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) veranlagte den Antragsteller zunächst erklärungsgemäß, hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb jedoch nach § 165 der Abgabenordnung (AO) vorläufig.
Im Jahr 1994 verkaufte der Antragsteller das Wohnmobil und gab den Betrieb auf. Das FA änderte daraufhin die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre und ließ die Verluste aus der Vermietung unter Hinweis auf § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) außer Betracht. Dagegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage in der Hauptsache. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom FA abgelehnt.
Entscheidungsgründe
Der beim Gericht gestellte Aussetzungsantrag ist begründet.
Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 m.w.N.).
Der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide.
Der Tatbestand des Gewerbebetriebs setzt nach § 15 Abs. 2 EStG u.a. die Absicht der Gewinnerzielung voraus. Nach der im Anschluß an die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 765) ständigen Rechtsprechung müssen alle ein gewerbliches Unternehmen kennzeichnenden Merkmale gegeben sein. Die Gewinnerzielungsabsicht muß deshalb auf eine Mehrung des Betriebsvermögens in Gestalt eines Totalgewinns zwischen der Gründung und der Beendigung des Betriebs gerichtet sein (BFH, Urteil vom 21. August 1990 VIII R 25/86, BFHE 163, 524, BStBl II 1991, 564, 565). Die Betriebsvermögensmehrung umfaßt auch – steuerpflichtige – Gewinne aus der Veräußerung von Anlagevermögen (BFH, Urteil vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778, 779; BFH, Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766). Abzustellen ist auf die gesamte voraussichtliche Betriebsdauer (BFH, Urteil vom 30. Oktober 1986 IV R 175/84, BFHE 148, 119, BStBl II 1987, 89, 92).
Unerheblich ist die Höhe der durchschnittlichen Jahresgewinne. Maßgebend ist der Totalgewinn (BFH, Urteil vom 13. April 1989 IV R 30/87, BFHE 157, 98, BStBl II 1989, 718, 719). Ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das sich nur anhand objektiver Merkmale beurteilen läßt (BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, 280). Aus objektiven Umständen muß auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Maßgebend ist, wie sich die Verhältnisse aus der Sicht des an objektiven Gegebenheiten orientierten Steuerpflichtigen dargestellt haben (BFH, Urteil vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, 291). Erforderlich ist eine in die Zukunft gerichtete, langfristige Beurteilung. Die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums können dabei wichtige Anhaltspunkte bieten. Einzelne Umstände können ein Indiz liefern, das jedoch durch ein...