vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Solidaritätszuschlag: Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (AdV)
Leitsatz (redaktionell)
- Der Senat ist von der Verfassungswidrigkeit des SolZG überzeugt. Die Aufhebung der Vollziehung eines Bescheides über die Festsetzung des Solidaritätszuschlages ist daher geboten.
- Soweit die Rechtsprechung ein besonderes berechtigtes Interesse des Stpfl. an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes fordert, geht sie von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis aus.
- Bei Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen VA ist dessen Vollziehung im Regelfall auszusetzen bzw. im Falle eines bereits vollzogenen VA die Vollziehung wieder aufzuheben.
- Nur in besonders klaren Ausnahmefällen ist trotz Vorliegens derartiger Zweifel ausnahmsweise die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
- Allein der Umstand, dass dem Fiskus durch die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung von Bescheiden über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags erhebliche Einnahmeausfälle drohen, lässt das individuelle Interesse der Ast. an einem effektiven Rechtsschutz nicht hinter das öffentliche Interesse des Staates an einer geordneten Haushaltsführung zurücktreten.
- Die Wahrnehmung und Erfüllung der öffentlichen Aufgaben ist durch den drohenden Einnahmeausfall nicht gefährdet.
Normenkette
SolZG § 1 Abs. 1; FGO § 69; GG Art. 14, 100; BVerfGG § 32
Streitjahr(e)
2013
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vollziehung des Bescheids über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags wegen verfassungsrechtlicher Zweifel aufzuheben ist.
Die Antragsteller sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie erzielen als Angestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Einkommensteuergesetz (EStG). Sie reichten am 30. Oktober 2013 ihre Einkommensteuererklärung beim Antragsgegner ein.
Der Antragsgegner führte antragsgemäß eine Zusammenveranlagung durch und erließ mit Datum vom 10. Dezember 2013 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid und setzte gleichzeitig den Solidaritätszuschlag in Höhe von 742,11 € fest. Nachdem die Antragsteller Einspruch eingelegt hatten, änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerfestsetzung und die Festsetzung des Solidaritätszuschlags mit Bescheiden vom 31. Januar 2014. Der Solidaritätszuschlag wurde danach auf 738,04 € herabgesetzt und ist - u.a. im Wege der Steuerabzugs - vollständig bezahlt.
Die Antragsteller erhoben gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags mit Schreiben vom 3. Februar 2014 Einspruch. Der Antragsgegner hat über den Einspruch bisher noch nicht entschieden. Mit Schreiben vom 14. April 2014 beantragten die Antragsteller darüber hinaus, die Vollziehung des Bescheids über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags aufzuheben. Zur Begründung ihres Antrags verwiesen sie auf den Vorlagebeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 21. August 2013 (Az. 7 K 143/08) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes, welches noch unter dem Aktenzeichen 2 BvL 6/14 beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung mit Bescheid vom 22. April 2014 als unbegründet ab. Mit dem gerichtlichen Antrag verfolgen die Antragsteller ihr Begehren auf Aufhebung der Vollziehung des Solidaritätszuschlags weiter.
Sie sind der Auffassung, dass das Solidaritätszuschlaggesetz verfassungswidrig sei. Zur Begründung der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes könne auf das beim Verfassungsgericht anhängige Verfahren 2 BvL 6/14 verwiesen werden. Daher bestünden auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners stehe das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung dem Aussetzungsbegehren nicht entgegen. Es sei zutreffend, dass ein öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltsführung bestehe. Die Bundesrepublik Deutschland sei aber finanziell in der Lage, innerhalb kürzester Zeit sehr hohe Geldbeträge zur Sicherung anderer europäischer Staaten oder der Rettung von Banken zu Verfügung zu stellen. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Haushaltsführung nicht beeinträchtigt wäre, wenn die Finanzverwaltung den Steuerpflichtigen eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Solidaritätszuschlags gewähren würde. Außerdem bezeichne sich die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsstaat. Die Bundeszentrale für politische Bildung beschreibe im Internet einen Rechtsstaat als einen Staat, in dem die Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln und die Grundrechte achten müsse, die den Bürgern in der Verfassung garantiert seien. Die Besteuerung aufgrund eines Gesetzes, an dessen Verfassungsmäßigkeit ernstliche Zweifel bestünden, sei nach dieser Beschreibung in einem Rechtsstaat nicht als geordnete Haushaltsführung anzusehen. Sie stelle vielmehr einen Eingriff in die Rechte des St...