Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachbezug bei ortsüblicher Miete unterhalb der Sachbezugswerte
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit neben dem Lohn oder Gehalt gehören auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden, ist gleichgültig.
- Stellt ein Landeskrankenhaus seinen Arbeitnehmern im Schwesterwohnheim Unterkünfte zur Verfügung, für die diese die im BAT vereinbarten Zuzahlungen leisten, so liegt in der Differenz zwischen den nach BAT gezahlten Entgelten (ortsübliche Miete) und den höheren Werten der Sachbezugsverordnung ein lohnsteuerpflichtiger Bezug.
- Nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG 1995, der für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer auf die amtlichen Werte der Sachbezugsverordnung verweist, bleibt für einen hiervon abweichenden niedrigeren Sachbezugswert kein Raum.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1; SachBezV § 5
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob aus der Überlassung von Unterkünften an Arbeitnehmer der Klägerin lohnsteuerpflichtiger Sachbezug entstanden ist und von der Klägerin die darauf entfallende Lohnsteuer nachgefordert werden kann.
Die Klägerin ist ein Landeskrankenhaus, das verschiedenen Arbeitnehmern u.a. im Schwesternwohnheim Unterkünfte zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeitnehmer haben dafür die im Bundesangestelltentarif (BAT) vereinbarten Zuzahlungen geleistet. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich dabei um die ortsübliche Vergütung handelt.
Nach einer Außenprüfung stellte der Beklagte (das Finanzamt) fest, dass die Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung der Unterkünfte in den Jahren 1993 bis 1997 immer den ortsüblichen Mietpreis entrichtet hatten. Ab 1995 sei jedoch der Wert der Unterkunft, die keine abgeschlossene Wohnungen bildet, nach § 3 der Sachbezugsverordnung (SachBezVO) zwingend mit dem Sachbezugswert anzusetzen. Dieser Wert liege über den bisher geleisteten Zuzahlungen nach dem BAT. Die Differenz zwischen den von den Arbeitnehmer gezahlten Entgelten und den Werten nach der SachBezVO sei als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug zu erfassen. Der Lohnsteuerprüfer führte deshalb antragsgemäß nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1995 eine Nachversteuerung durch, wobei er aufgrund der Vielzahl von Fällen pauschal nach § 40 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Nettosteuersätze (1995: 40,2 v.H., 1996: 49,2 v.H. und 1997: 42,8 v.H.) heranzog. Von den Werten der SachBezVO wurde ein Abschlag von 12 v.H. wegen der Lage der Unterkünfte auf dem Krankenhausgelände vorgenommen. Zudem machte der Außenprüfer die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SachBezVO vorgeschriebenen Abschläge.
Die sich daraus ergebende Lohnsteuer forderte das Finanzamt mit Bescheid vom 19. Februar 1998 nach. Gegen den Nachforderungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch, der wegen anderer Streitpunkte zu einem Teilabhilfebescheid vom 27. Juli 1999 führte. Der hier streitige Sachverhalt führte im Abhilfebescheid zu keiner Änderung. Vielmehr erging darüber am 15. September 1999 ein ablehnender Einspruchsbescheid, gegen den sich die Klage richtet.
Die Klägerin trägt vor, ihr sei bewusst, dass die SachBezVO ab 1. Januar 1995 eine Änderung der Rechtslage gebracht habe, sodass grundsätzlich für Unterkünfte die Werte nach § 3 der VO anzusetzen seien. Im Fall der Klägerin sei die Anwendung jedoch höchst fraglich, denn die jährlich entsprechend den prozentualen Steigerungen der SachBezVO angepassten Sätze nach BAT, welche den Arbeitsverhältnissen jeweils zu Grunde gelegen hätten, liege mit etwa 180 DM je Unterkunft erheblich unter den Werten der SachBezVO
Das Niedersächsische Finanzgericht habe wiederholt bestätigt, dass es sich bei den Sätzen des Tarifvertrags um die seinerzeit (bis zum 31. Dezember 1994) ortsüblichen Mietsätze im Sinne des Steuerrechts handele.
In aller Regel seien die Werte der Sachbezugsverordnung eher günstiger. Sie lägen also unterhalb der Ortsüblichkeit. Hiervon sei auch der Gesetzgeber ausgegangen. Im konkreten Fall verhalte es sich jedoch genau umgekehrt. Die Werte der SachBezVO seien derartig unangemessen, dass eine unmittelbare Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG 1996 ausgeschlossen erscheine. Hier sei eine Korrektur durch entsprechende Anwendungen von § 8 Abs. 3 Satz 7 EStG 1996 angebracht. Dort sei geregelt, dass bei Arbeitnehmern, welche nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterlägen, die SachBezVO nur maßgebend sei, wenn sich die daraus ergebenden Werte „nicht offensichtlich unzutreffend” seien.
Im Streitfall handele es sich jeweils um Zimmer in der Größenordnung von 10 bis 12 m². Ein solcher Lebensraum für das Personal könne nur als Minimum bezeichnet werden. Die Mehrfachbelegung eines solchen Raumes sei nicht möglich. Der Gesetzgeber gehe abe...