Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für hinterziehungsbefangene Gewinne einer Praxisgemeinschaft
Leitsatz (redaktionell)
Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen kann nach Ablauf der für die Feststellung geltenden Festsetzungsfrist auch dann durchgeführt werden, wenn für einen oder mehrere der Feststellungsbeteiligten die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid bereits abgelaufen ist (entgegen BFH-Urteil vom 10.12.1992, IV R 118/90, BStBl 1904, 381; Revision zugelassen).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Bescheid, in dem der Beklagte (Bekl.) die in der Praxisgemeinschaft W. erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit, soweit die Einkünfte auf Hinterziehungshandlungen beruhen, für die Jahre 1974, 1975 und 1979 gesondert festgestellt und allein dem Kläger (Kl.) zugerechnet hat.
Die zahnärztliche Praxisgemeinschaft W. bestand bis zum 30.09.1979 aus dem Kl. und seinem Vater, Dr. H. W. (Vater). Vom 01.10.1979 war ferner die – inzwischen geschiedene – Ehefrau des Kl. beteiligt. Dr. H. W. verstarb am 17.02.1980. Seine Erben sind K. und H. W., die Kinder des Kl. Seit dem Tod des Vaters bestand die Praxisgemeinschaft aus dem Kl. und seiner Ehefrau. Ein eigenes Labor wurde nicht unterhalten. Den Gewinn ermittelte die Praxisgemeinschaft gemäß § 4 Abs. 3 EStG.
Im Rahmen einer Außenprüfung nach einer Selbstanzeige der „Praxisgemeinschaft W.” stellte der Prüfer u.a. für die Jahre 1974, 1975, 1977–1980 Zahlungen für die Hingabe von Altmaterial (Scheidegut) an die F. H. fest, das aus nicht mehr benötigten Zahnersatzteilen und Füllungen der Patienten stammte und Edelmetalle, vor allem Altgold, enthielt, bzw. den Tausch von hingegebenem Scheidegut gegen Feingoldbarren. Der Beklagte erfaßte Zahlungen und den wert des Feingolds als Betriebseinnahmen und rechnete sie für die Jahre 1974, 1975, 1977–1980 allein dem Kl. einkunftserhöhend zu. Auf die Betriebsprüfungsarbeitsakte Auftragsbuchnummer … (im folgenden: BpAA), insbesondere die dort abgehefteten Rechnungen und Belege der Firma H., sowie auf den Schriftwechsel mit der Firma, wird Bezug genommen. Im Einspruchsverfahren gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide führte der Bekl. nach weiteren Selbstanzeigen in Erbschaftsteuerangelegenheiten eine zweite Außenprüfung durch. Die sich dabei ergebenden Gewinnerhöhungen rechnete der Bekl. in geänderten Feststellungsbescheiden allein dem – verstorbenen – Vater zu.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Ausweislich der in dem damaligen Klageverfahren gestellten Anträge war die Zurechnung der Einkünfte aus der ersten Außenprüfung, für die Jahre 1974 bis 1979, also auch für die hier betroffenen Streitjahre, unstreitig. In seinem Urteil vom 16.06.1988 (Az.: II 247/86)., auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wies der erkennende Senat die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die geänderten Einkommensteuerbescheide des Kl. und seiner damaligen Ehefrau für die Streitjahre ergingen 1984 und wurden 1984 unanfechtbar. Gegen den Kl. wurden Strafverfahren wegen Einkommensteuerhinterziehung eingeleitet. Das Verfahren wegen Einkommensteuerhinterziehung 1977, 1978 und 1980 endete 1986 mit einer Einstellung, weil eine wirksame Selbstanzeige vorlag (§ 371 AO). In dem Verfahren für die Streitjahre 1974, 1975 und 1979 erließ das Amtsgericht H. einen Strafbefehl über 13.500 DM (45 Tagessätze zu 300 DM), der am 06.05.1988 rechtskräftig wurde.
Mit Bescheiden vom 04.01.1988 (für 1977, 1978, 1980) und 30.05.1988 (Streitjahre 1974, 1975, 1979) setzte das damalige Wohnsitzfinanzamt G. Zinsen für hinterzogene Steuern gem. § 235 Abgabenordnung (AO) fest. Das Einspruchsverfahren gegen die Bescheide blieb erfolglos. Im Klageverfahren (Az.: II 848, 849/89) beantragte der Kl. auch, die Bescheide von der Vollziehung auszusetzen. Mit Beschlüssen vom 15.12.1993 gab der Senat diesen Anträgen statt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzungsbescheide ergäben sich daraus, daß nicht zunächst die Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen, nämlich die Höhe der hinterzogenen Beträge und die persönliche Zurechnung, gesondert festgestellt worden seien. Die zugelassene Beschwerde wies der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluß vom 10.10.1994 als unbegründet zurück. Die Hauptsacheverfahren (Az.: II 848, 849/89) wurden mit Beschluß vom 29.03.1995 gem. § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt, bis für die Streitjahre im Verfahren der gesonderten Feststellung rechtskräftig über die Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen gegen den Kl. entschieden ist.
Mit Bescheid vom 12.01.1995 stellte der Bekl. die Grundlagen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für hinterziehungsbefangene Gewinne der Praxisgemeinschaft W. GbR gesondert fe...