Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionsabzugsbetrag: Durchführbarkeit der Investitionen als Voraussetzung der Inanspruchnahme
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG.
- Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages kommt nur für noch durchführbare, objektiv mögliche Investitionen in Betracht.
- Daran fehlt es, wenn der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben ist oder der Stpfl. bei Abgabe der Steuererklärung für das Kj, in dem Investitionsabzugsbeträge geltend gemacht werden, den Entschluss gefasst hat, seinen Betrieb insgesamt zu veräußern oder aufzugeben.
- Für den Fall der unentgeltlichen Betriebsübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gilt nichts anderes.
Normenkette
EStG § 7g
Streitjahr(e)
2007
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Investitionsabzugsbeträge noch zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können, zu dem der Steuerpflichtige den Betrieb bereits im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Nachfolger übertragen hat.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Durch notariellen Vertrag vom xx. xx. 2007 übertrug er diesen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen ältesten Sohn. Die Besitzübergabe erfolgte zum 1. Dezember 2007. Mit der am 31. März 2009 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr reichte der Kläger den am 30. März 2009 erstellten Jahresabschluss zum 30. November 2007 ein. Bei der Ermittlung des einkommensteuerrechtlichen Gewinns zog der Kläger Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 6x.xxx EUR ab. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge durch den Kläger nicht mehr möglich gewesen sei, weil bei Erstellung des Jahresabschlusses festgestanden habe, dass dieser die Investitionen wegen der bereits erfolgten Betriebsübergabe nicht mehr werde durchführen können. Durch Bescheid vom 30. Mai 2011 änderte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerfestsetzung unter Berücksichtigung dieser Prüfungsfeststellung.
Der dagegen eingelegte Einspruch vom 16. Juni 2011, mit dem sich die Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Mai 2010 I R 70/09 (BFH/NV 2010, 2072) beriefen, wurde von dem FA durch Einspruchsbescheid vom 22. Juli 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte es aus: Ein Investitionsabzugsbetrag könne nach § 7g Abs. 1 EStG nur für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die der Steuerpflichtige voraussichtlich in einem der dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahre anschaffen oder herstellen werde. Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags sei daher - ebenso wie die Bildung der früheren Ansparrücklagen - von einer Prognose des künftigen Investitionsverhaltens auf der Grundlage der Verhältnisse am Ende des Wirtschaftsjahrs der Geltendmachung abhängig. Sei der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben oder habe der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr der Geltendmachung der Investitionsabzugsbeträge bereits den Entschluss gefasst, den Betrieb insgesamt zu veräußern oder aufzugeben, könne er Investitionsabzugsbeträge nur noch in Anspruch nehmen, wenn die maßgebenden Investitionen voraussichtlich noch vor der Betriebsveräußerung oder -aufgabe durchgeführt würden (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 20. Dezember 2006 X R 31/03, BStBl. II 2007, 862, und vom 1. August 2007 XI R 47/06, BStBl. II 2009, 106).
Im Streitfall sei die Vornahme der Investitionen durch den Kläger bei Erstellung des Jahresabschlusses am 30. März 2009 nicht mehr möglich gewesen, weil der Betrieb bereits zum 1. Dezember 2007 auf den Sohn übertragen worden sei. Aus dem von den Klägern zitierten BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2072 ergebe sich keine andere Beurteilung. Zwar könne danach eine im Rahmen eines Einzelunternehmens gebildete Ansparrücklage nach dessen Einbringung in eine Kapitalgesellschaft von dem neuen Unternehmensträger fortgeführt werden. Die Fortführung setze aber voraus, dass die Bildung der Ansparrücklage in dem Einzelunternehmen rechtmäßig erfolgt sei. Eben daran fehle es jedoch, wenn bei Bildung der Rücklage bereits festgestanden habe, dass der bisherige Rechtsträger die Investition nicht mehr werde vornehmen können.
Hiergegen richtet sich die am 22. August 2011 erhobene Klage. Zu deren Begründung tragen die Kläger vor: Durch die von dem Kläger vorgenommene Hofübergabe sei kein neuer Betrieb entstanden. Da der Betrieb unentgeltlich übertragen worden sei, sei der Rechtsnachfolger an die Buchwerte des Klägers gebunde...