vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Darlehenszinsen nach § 32d Abs. 2 Nr.1b EStG – Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Zielen der UntStRef 2008 und zu den Zielen der sog. Abgeltungssteuer.
- Es gibt einleuchtende Sachgründe, die es rechtfertigen, Kapitalerträge aus Gesellschafterdarlehen unter den in § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG näher bezeichneten Voraussetzungen von der Anwendbarkeit des abgeltenden Steuersatzes auszunehmen.
- Die Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob § 32d Abs. 2 Nr. 1 b EStG verfassungsgemäß ist.
Die miteinander verheirateten Kläger werden vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nichtselbstständig tätig. Er erzielt darüber hinaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In ihrer Einkommensteuererklärung 2009 erklärten die Kläger in Zeile 7 der Anlage KAP Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben (Kläger: 416 €, Klägerin: 3.302 €) und beantragten die Günstigerprüfung. Darüber hinaus wies der Kläger in Zeile 22 der Anlage KAP 16.320 € laufende Einkünfte aus sonstigen Forderungen jeder Art aus, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Bei Letzteren handelt es sich um Zinsen aus einem am 2.1.2000 vom Kläger der D.GmbH (künftig GmbH genannt) gewährten Darlehen. Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH.
Das beklagte FA veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 23.9.2010 antragsgemäß. Dabei wurden die Darlehenszinsen dem persönlichen Steuersatz unterworfen, während die übrigen Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert wurden. Der persönliche Grenzsteuersatz der Kläger liegt bei rund 32 %. Den hiergegen erhobenen Einspruch begründeten die Kläger damit, dass nach ihrer Auffassung § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoße. Der persönliche Steuersatz des Klägers liege deutlich über 25 %. Aufgrund der Tatsache, dass er zufälligerweise an der GmbH, der er ein Darlehen gewährt habe, beteiligt sei, werde er schlechter gestellt als ein fremder Dritter oder Darlehensgeber, der zu weniger als 10 % an der darlehensempfangenden GmbH beteiligt wäre.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 17.11.2010 als unbegründet zurück. Seit dem 1.1.2009 gelte für Einkünfte aus Kapitalvermögen ein gesonderter Steuertarif, die so genannte Abgeltungssteuer (§ 32d EStG). Danach seien unabhängig vom persönlichen Steuersatz pauschal 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) abzuführen. Zur Verhinderung von Missbräuchen sei die Abgeltungssteuer gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG nicht anzuwenden bei Gesellschafterdarlehen, wenn der Gesellschafter zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt sei. Damit solle vermieden werden, dass Gewinnanteile, die dem persönlichen Steuersatz unterliegen, auf die Darlehens- bzw. Zinsebene verlagert und so einem geringeren Steuersatz unterworfen werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH sei, an die er das Darlehen vergeben habe, finde § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG vorliegend Anwendung. Die betreffenden Kapitaleinkünfte seien dem persönlichen Steuersatz zu unterwerfen, die Abgeltungssteuer komme nicht zur Anwendung. Die Finanzverwaltung sei an die geltende Gesetzeslage gebunden. Die Entscheidung darüber, ob ein Gesetz verfassungsgemäß sei oder nicht, obliege nicht der Finanzverwaltung.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger ihr bisheriges Begehren weiter verfolgen. Soweit der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung mit der Missbrauchsgefahr begründet habe, sei fraglich, welche Art des Missbrauchs der Gesetzgeber in der diesem Fall zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung zu erkennen glaube. Der Kläger sei als Alleingesellschafter zugleich unstreitig beherrschender Gesellschafter der GmbH. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien an Verträge zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter erhöhte Anforderungen zu stellen. Werde beispielsweise ein Darlehensvertrag zu überhöhten Zinskonditionen abgeschlossen, liege in Höhe des nicht angemessenen Teils der Verzinsung eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor. Auf der Ebene des beherrschenden Gesellschafters (Darlehensgeber) lägen dann insoweit gerade keine Zinseinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG vor. Die Norm des § 32d Abs. 2 EStG schließe den Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG jedoch nur für Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG aus. Die Vereinbarung einer überhöhten Verzinsung könne somit - ebenso wie alle anderen Gestaltungen, die zu einer vGA führen - kein Missbrauchstatbes...