Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung der rückständigen Steuer durch fiktive Veranlagung bewirkt keine Neufestsetzung der bestandskräftigen festgesetzten Steuer
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Aufteilung des gesamten Schuldbetrages der ESt für Ehegatten.
- Ein Aufteilungsantrag vor Einleitung der Vollstreckung führt dazu, dass die im Zeitpunkt des Eingangs des Aufteilungsantrags geschuldete Steuer – nicht die (möglicherweise höhere) bei Einhaltung der Vollstreckung geschuldete Steuer – aufzuteilen ist.
- Die Aufteilung der rückständigen Steuer erfolgt durch eine fiktive Veranlagung, bei der die Besteuerungsgrundlagen aus dem Zusammenveranlagungsbescheid unverändert zu übernehmen sind. Sie führt nicht zu einer Neuberechnung der Steuer, sondern die Summe der Teilschulden ergibt nach der Aufteilung die Gesamtschuld der ursprünglichen Veranlagung.
Normenkette
AO §§ 268, 269 Abs. 2 S. 1, §§ 270, 276, 278; EStG § 26b
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufteilungsbescheides betreffend die Einkommensteuer 2005.
Mit Bescheid vom 02.04.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 des Klägers und seiner damaligen Ehefrau nach dem Splittingtarif auf 13.320 € Einkommensteuer und 732,60 € Solidaritätszuschlag fest. Nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge in Höhe von 12.388 € Lohnsteuer und 681,21 € Solidaritätszuschlag verblieb ein zu zahlender Steuerbetrag von 932 € Einkommensteuer und 51,39 € Solidaritätszuschlag, insgesamt ein Zahlbetrag von 983,39 €.
Der Kläger zahlte am 30.05.2007 einen anteiligen Betrag in Höhe von 497 € auf die Steuerforderung. Mit Schreiben vom 07.06.2007 beantragte seine damalige Ehefrau die Aufteilung der rückständigen Steuer aus der Veranlagung zur Einkommensteuer 2005. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine Mahnung, aber noch keine Rückstandsanzeige erstellt.
Mit Bescheid vom 19.06.2007 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau einen Aufteilungsbescheid, indem er die noch offene Steuerforderung in Höhe von 486,39 €, 14 € Säumniszuschlag sowie 13.069,10 € Steuerabzugsbeträge im Verhältnis fiktiver getrennter Veranlagungen verteilte. Aufgrund dieser Aufteilung entfielen auf den Kläger 13.156,98 € und seine Ehefrau 412,51 €. Nach Anrechnung der Lohnsteuerabzugsbeträge errechnete der Beklagte eine Nachforderung gegenüber dem Kläger in Höhe von 3.207,75 € und einen überzahlten Betrag für die Ehefrau von 2.707,36 €. Den Erstattungsbetrag kehrte der Beklagte an die Ehefrau aus und forderte den Beklagten zur Zahlung des Nachforderungsbetrages auf.
Gegen den Aufteilungsbescheid legte Kläger Einspruch ein, mit dem er die Begrenzung der Aufteilung auf den rückständigen Betrag forderte. Der Beklagte wies den Einspruch durch Entscheidung vom 07.09.2007 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage begehrt der Kläger die Änderung des Aufteilungsbescheides und Reduzierung des auf ihn entfallenden Zahlungsanspruchs. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, eine fiktive Veranlagung aufgrund der Rechtslage 2004 sei nicht zulässig. Zudem sei ein zu hoher Betrag für die Aufteilung angesetzt worden. Die Aufteilung sei Teil der Vollstreckungsregelungen, so dass lediglich die rückständige Steuer habe aufgeteilt werden dürfen, nämlich 486,39 €. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Gesamtschuld durch Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuern erloschen sei und nur noch der Restbetrag aufgeteilt werden könne. Dieser entfalle zwar in voller Höhe auf den Kläger. Es entstehe jedoch kein Erstattungsanspruch der Beigeladenen, der zusätzlich den Zahlungsbetrag des Klägers erhöhe.
Die Aufteilung sei Teil der Vollstreckung und damit des Erhebungsverfahrens und nicht des Festsetzungsverfahrens. Eine Neufestsetzung von Einzelsteuern sei unzulässig. Vielmehr seien lediglich Teilsteuern für Vollstreckungszwecke zu ermitteln. Aus dem Veranlagungsverfahren ergebe sich kein Erstattungsanspruch der Beigeladenen, so dass auch die Aufteilung keinen Erstattungsanspruch entstehen lassen könne.
Der Kläger beantragt,
die Abänderung des Aufteilungsbetrages dahingehend, dass die auf den Kläger entfallende rückständige Einkommensteuer lediglich 486,39 € beträgt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unbegründet. Bei der Aufteilung der rückständigen Steuer seien die Steuerabzugsbeträge und getrennt festgesetzten Vorauszahlungen in die Abrechnung einzubeziehen. Ergebe sich nach der Aufteilung und Anrechnung ein Überhang, sei dieser zu erstatten.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist nur im geringen Umfang begründet.
1. Der Aufteilungsantrag ist zulässig, da er nach Zugang des Steuerbescheides mit dem Leistungsgebot und vor vollständiger Tilgung gestellt wurde (§ 269 Abs. 2 AO).
Die §§ 268 ff. AO eröffnen zusammen veranlagten Ehegatten als Gesamtschuldnern der Einkommensteuer (§ 26b des Einkommensteuergesetzes – EStG – i.V.m. § 44 Abs. 1 AO) die Möglichkeit, den Gesamtschuldbetrag...