Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustnutzung bei Umwandlung eines Betriebs gewerblicher Art in Anstalt des öffentlichen Rechts
Leitsatz (redaktionell)
- Gesondert festgestellt wird gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG nur der Bestand des Einlagekontos, auch wenn die Neurücklagen zur Ermittlung des Endbestands des steuerlichen Einlagekontos in den Bescheiden ausgewiesen werden.
- Die Neurücklagen stellen lediglich eine Rechengröße zur Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns dar und sind damit bloße Grundlage für die gesonderte Feststellung.
- Wird ein Betrieb gewerblicher Art umgewandelt in eine Anstalt öffentlichen Rechts (Umwandlung des Regiebetriebs „Abfallwirtschaft” im Wege der Gesamtrechtsnachfolge) so kann die Anstalt des öffentlichen Rechts die für den Betrieb gewerblicher Art festgestellten Verluste mangels Personenidentität nicht nutzen.
- Eine Anstalt des öffentlichen Rechts weist keine Mitglieder auf und kann daher nicht unter den Begriff der Körperschaft i. S. des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG fallen.
- Bei der Umwandlung des Eigenbetriebs einer Gemeinde im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts handelt es sich weder um eine Verschmelzung noch um eine andere vom UmwStG erfasste Umwandlung.
- Die Umwandlung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts vollzieht sich nach den jeweils einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 4 S. 1, § 27 Abs. 2, § 28; UmwStG § 12; UmwG §§ 123-124, 201; NGO § 113a; EStG § 10b
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Fortführung von Verlusten eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) nach dessen Übergang auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie wurde gemäß Ratsbeschluss der Stadt A vom 8. Dezember 2004 zum 1. Januar 2005 durch Umwandlung des bestehenden Regiebetriebs „Abfallwirtschaft” der Stadt A gemäß § 113a Abs. 1 Satz 1 Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge errichtet. Gegenstand des Unternehmens ist die Wahrnehmung der Aufgaben der Stadt A als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Dazu gehören insbesondere der Betrieb einer Abfalldeponie sowie von Bioabfallkompostierungsanlagen und Abfallumschlagsanlagen, die Abfallabfuhr, die Straßenreinigung mit Winterdienst, der Containerdienst, der Verkauf von Kompost und der Betrieb mobiler Bedürfnisanstalten. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Klägerin überführte die Stadt A ihren BgA „Sammlung und Transport” des Abfallwirtschaftsbetriebs in die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts, welcher dort in unveränderter Form fortgeführt wurde.
Bereits am 18. November 2004 hatte die Stadt A durch die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) die Überführung des BgA angekündigt. Sie bat in diesem Zusammenhang, den BgA auch zukünftig unter der bisherigen Steuernummer zu führen. Das FA stellte unter dem 19. Dezember 2005 für den BgA auf den 31. Dezember 2004 einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 1.120.402 EUR sowie einen vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 1.066.361 EUR fest.
Die Klägerin reichte die Steuererklärungen des Streitjahrs für den BgA unter der bisherigen Steuernummer beim FA ein. Sie gab dabei den verbleibenden Verlustvortrag und den vortragsfähigen Gewerbeverlust in der Höhe an, in der die Verluste für den BgA der Stadt A zum 31. Dezember 2004 festgestellt worden waren. Des Weiteren erklärte die Klägerin einen Steuerbilanzverlust für 2005 in Höhe von 30.306 EUR sowie einen Gewerbeverlust in Höhe von 24.015 EUR. Das FA erließ zunächst (unter der bisherigen Steuernummer) den Steuererklärungen entsprechende Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) standen. Die Körperschaftsteuer wurde dabei auf 0 EUR festgesetzt, die Beträge nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) wurden – wie in den Vorjahren – mit jeweils 0 EUR festgestellt.
In der Zeit vom 7. April bis zum 10. Juli 2008 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung im Hinblick auf den BgA statt, welche insbesondere die Körperschaftsteuer sowie die Gewerbesteuer 2005 umfasste. Der Prüfer vertrat dabei unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung die Auffassung, die in den Vorjahren für den BgA festgestellten Verluste seien nicht weiter vortragsfähig, da auch bei einer Gesamtrechtsnachfolge der Rechtnachfolger identisch mit dem Rechtsvorgänger sein müsse. Auch der Gewerbeverlust der vorangegangenen Jahre sei nicht zu berücksichtigen, da es an der Unternehmeridentität fehle. Das FA folgte dieser Auffassung und erließ unter dem 25. August 2008 entsprechend geänderte Steuerbescheide. Die Körperschaftsteuerfestsetzung sowie die Feststellungen nach den ...