Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestwertberechnung durch Ansatz der Bodenrichtwerte abzüglich eines Abschlages für Übergröße des Grundstücks
Leitsatz (redaktionell)
Der Wert eines Grundstücks ist im Ertragswertverfahren gemäß § 146 Abs. 2 bis 5 BewG festzustellen, wenn ein höherer Mindestwert (§ 146 Abs. 6 BewG) nicht existiert.
Normenkette
BewG § 146 Abs. 2-6
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist die gesonderte Feststellung eines Grundstückswerts.
Am ...1996 erbte die Klägerin (Kl.) das Grundstück .... Es war 5.790 qm groß und mit einem Wohnhaus bebaut, das im Jahre 1956 errichtet sowie 1973 erweitert worden war. Das Grundstück liegt in A., einem Ort, der aus zwei Ortsteilen besteht: Einem kleineren, der die „alte Ortslage” umfasst und in dem das streitige Grundstück liegt, sowie einem größeren Neubaugebiet.
Bis zum 31.12.1995 (einschließlich) gab es für A. keine differenzierte Bodenrichtwertkarte. Die vom zuständigen Gutachterausschuss festgestellten Bodenrichtwerte ergaben sich vielmehr aus einer Liste, die auch die Richtwerte vieler anderer Gemeinden im Landkreis enthält. Diese Liste weist für A. auf den 31.12.1992 einen einzigen Richtwert aus, nämlich 70 DM. Für die beiden folgenden Stichtage (31.12.1993 und 1994) enthält die Liste Richtwerte von je 90 DM/qm sowie auf den 31.12.1995 einen Richtwert von 170 DM/qm. Die Beträge von 70 und 90 DM gelten für nicht erschlossene Baugrundstücke. Der auf den 31.12.1995 ausgewiesene Wert von 170 DM/qm gilt für Bauland, „für das Erschließungsbeiträge nicht mehr zu entrichten sind”. Es ist unstreitig, dass sich alle Richtwerte auf ein „typisches Richtwertgrundstück” beziehen, das maximal 1.000 qm groß ist.
Eine differenzierte Bodenrichtwertkarte liegt für A. erstmals auf den 31.12.1996 vor. Diese enthält für die „alte Ortslage” einen Richtwert von 140 DM/qm und für das „Neubaugebiet” einen Richtwert von 190 DM/qm; auf die Kopien in der Hülle Bl. 34 FG-Akte wird Bezug genommen.
Zum Zwecke der Feststellung des Grundstückswertes für das streitige Grundstück führte der Beklagte (Finanzamt, FA) eine Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren (§ 146 Abs. 2 bis 5 Bewertungsgesetz, BewG) durch. Dabei ging das FA von einer üblichen Quadratmetermiete von 10 DM aus sowie von 600 DM Jahresmiete für „Garage”. So kam es zu einem Ausgangswert von 472.500 DM, von dem es einerseits eine Alterswertminderung für 30 Jahre abzog, andererseits einen Zuschlag für Wohngrundstücke mit nicht mehr als zwei Wohnungen machte. Dies führte zu einem Ertragswert von 481.950 DM, der nicht umstritten ist.
Zum Vergleich berechnete das FA den Mindestwert (§ 146 Abs. 6 BewG). Durch Multiplikation des in der Liste der Bodenrichtwerte enthaltenen Wertes (170 DM) mit der Quadratmeterzahl des Grundstücks (5.790) kam das FA zu einer Summe von 984.300 DM, von der es einen Abschlag von 20 v.H. machte (196.860 DM). Da der sich danach ergebende Mindestwert von 787.440 DM höher war als der Ertragswert, legte es seiner Feststellung den Mindestwert zugrunde und setzte den Grundstückswert auf den 10.02.1996 auf 787.000 DM fest. Hiergegen richtet sich – nach erfolglosem Vorverfahren – die Klage.
Die Kl. trägt vor:
Es sei bereits nicht korrekt, für ihr Grundstück in dem „Altort” einen Richtwert von 170 DM/qm anzusetzen. Denn bei dieser Zahl handele es sich um einen Mischwert zwischen Altort und Neubaugebiet, der den Wertverhältnissen in dem Altort nicht gerecht werde. Das zeige die differenzierte Karte auf den 31.12.1996, die für diesen späteren Stichtag nur 140 DM/qm ausweise. Es könne keine Rede davon sein, dass die Bodenwerte vom 31.12.1995 bis 31.12.1996 gefallen seien. Einen weiteren Fehler habe das FA dadurch begangen, dass es Grundstücksfläche und Richtwert schlicht multipliziert habe. Jeder vom Gutachterausschuss festgestellte Richtwert beziehe sich auf ein „typisches Richtwertgrundstück” von weniger als 1.000 qm Fläche. Weiche ein konkretes Grundstück in wertbeeinflussenden Faktoren – zu denen auch die Größe zähle - von dem fiktiven Richtwertgrundstück ab, so würde dies regelmäßig entsprechende Abweichungen seines Verkehrswertes von dem Bodenrichtwert bewirken. Richtigerweise hätte das FA die extreme Übergröße ihres Grundstücks durch einen angemessenen Abschlag berücksichtigen müssen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 14. Januar 1998 und des Einspruchsbescheides vom 21.07.1998 den Grundstückswert für das streitige Grundstück auf 481.000 DM herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt vor:
Der vom FA festgestellte Grundstückswert beruhe auf dem sogenannten Mindestwert gem. § 146 Abs. 6 BewG, wonach der für ein Grundstück anzusetzende Wert nicht geringer sein dürfe als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre. Der Wert unbebauter Grundstücke bestimme sich nach ihrer Fläche und den um 20 v.H. ermäßigten Bodenr...