Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Leitsatz (redaktionell)
Fortbildungsaufwendungen eines 68jährigen arbeitslosen Arztes können als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig sein.
Tenor
1. Unter Änderung der Einspruchsentscheidung wird die Einkommensteuer 1991 auf … DM herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kl. ist Arzt. Er ist im Streitjahr 1991 68 Jahre alt geworden. Im Streit sind Aufwendungen für die Fortbildung des Kl. in Höhe von 4.730 DM. die nach Beendigung seiner nichtselbständigen Tätigkeit als leitender Arzt in der Klinik … angefallen sind.
Bei den streitigen Aufwendungen handelt es sich im einzelnen um folgende Posten:
Kostenart |
vom Kl. |
vor FA |
|
geltend gemacht |
anerkannt |
|
DM |
DM |
Kontoführungskostenpauschale |
30,00 |
0,00 |
Arbeitsgerichtskosten |
6,00 |
0,00 |
Portoauslagen |
108,20 |
50,00 |
Schmerzsymposion |
235,00 |
235,00 |
Seminar |
951,00 |
0,00 |
…-Kongreß |
514,72 |
0,00 |
Schmerzkolloquium |
117,00 |
0,00 |
Psychotherapie-Kongreß |
741,54 |
0,00 |
Arbeitstagung |
130,00 |
0,00 |
Balint-Studientagung |
1.002,00 |
0,00 |
MEDICA |
1.180,20 |
0,00 |
Berufshaftpflichtversicherung |
270,20 |
270,20 |
Summe |
5.285,86 |
555,20 |
Ausweislich der Steuerakten hat der Kl. die streitigen Aufwendungen durch Belege nachgewiesen. Streitig ist nur die Abzugsfähigkeit dem Grunde nach. Der Kl. trug hierzu vor, daß er das Arbeitsverhältnis in der Klinik … (Fachklinik für psychosomatische Medizin) zum 31.03.1991 aufgegeben habe, um künftig in einer etwas freieren Form der Berufsausübung als Balintgruppenleiter tätig zu werden. Weil sich diese Absicht nicht verwirklichen ließ, bewarb sich der Kl. später auch um andere Anstellungen im ärztlichen Bereich. Er begründete dies in einem Bewerbungsschreiben damit, daß es ihm einfach nur darum gehe auch nach Überschreitung der Altersgrenze im ärztlichen Beruf tätig zu sein und nach jahrzehntelanger Tätigkeit im klinischen Bereich die Niederlassung in eigener Praxis zu kostspielig sei.
Seit März 1992 unterrichtete der Kl. als Dozent an einer Altenpflegeschule.
Das FA erkannte die streitigen Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb insoweit erfolglos. Allerdings berücksichtigte das FA im Rahmen der Einspruchsentscheidung diese Aufwendungen als Ausbildungskosten bei den Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 1.200 DM.
In Klageverfahren macht der Kl. geltend, es könne doch nicht vom Erfolg künftiger Bewerbungen oder seinem Alter abhängig gemacht werden, ob Fortbildungsaufwendungen anerkannt würden. Außerdem gehöre die Fortbildung zu den ärztlichen Pflichten. Ferner legt er ein Stellungsgesuch … vor, in dem er unter Hinweis auf seine langjährige ärztliche Tätigkeit und seine umfangreiche Fortbildung sich um eine Mitarbeit auf Honorarbasis in einer Praxis. Klinik oder Sanatorium bewarb.
Der Kl beantragt,
unter Änderung der Einspruchsentscheidung … und Rückgängigmachung des Abzuges für Ausbildungskosten von 1.200 DM bei den Sonderausgaben, die Einkommensteuer 1991 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 4.730 DM neu festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA vertritt die Ansicht, Weiterbildungskosten in Zeiten der Unterbrechung der Berufstätigkeit seien grundsätzlich Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG). Als Werbungskosten seien solche Aufwendungen nur abziehbar, wenn ein über die frühere und die spätere Berufstätigkeit hinausgehender, ausreichend konkreter wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen bestehe. Ein allgemeiner wirtschaftlicher Zusammenhang, der bei den streitigen Aufwendungen des Kl., wie auch bei jeder beruflichen Aus- und Weiterbildung mehr oder weniger festzustellen sei, reiche für sich allein nicht für die Qualifizierung der streitigen Aufwendungen als Werbungskosten. Das FA meint, der zu fordernde darüber hinausgehende konkrete wirtschaftliche Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen sei beim Kl. nicht festzustellen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats (§ 79 a Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung – FGO –) einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens des Kl. in der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll und wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts auf die Steuerakten des FA und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die streitigen Aufwendungen i. H. v. 4.730 DM sind als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig.
1. Nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 Nr. 4 und 19 Abs. 1 EStG si...